Unternehmerabend "Landgenuss" der MIT-Harburg-Land

Datum des Artikels 23.02.2017
Basis aktuell

Der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Harburg-Buxtehude, Heinz Lüers, berichtete im Landgasthof Zur Eiche in Ollsen über Megatrends.

Die „Fünf-Minuten-Exkurse“ des Vorsitzenden Wilfried Uhlmann sind fester Bestandteil jeglicher Veranstaltung der MIT Harburg-Land. Und wie der Begriff Exkurs schon andeutet, geht es meist um etwas ganz Anderes als beim Thema des Referenten. Diesmal ging es ihm um die Präzision und Vielfalt beim Gebrauch der deutschen Sprache. Über Megatrends wollte Sparkassendirektor Heinz Lüers in Ollsen sprechen, und meinte damit vor allem die Digitalisierung. Dem wollte Uhlmann zunächst nicht folgen: „Digitalisierung ist für mich ähnlich wie der Beginn der Industrialisierung (Muskelkraft wird durch Maschinenkraft ersetzt) ein grundlegender ökonomischer Wandel. Unter einem Trend verstehe ich eine Art Mode, die kommt und auch wieder geht.“ So hätten sie im Vorwege schon eine spannende Diskussion gehabt, „wenn man sich über die Definition einigt, dann wird es am Ende doch einvernehmlich.“

Während Uhlmann also inhaltlich auf einige Fehlprognosen der Zukunftsforscher verwies, etwa aus dem Jahr 2001, dass das Internet kein Potenzial für ein Massenmedium habe, und daher zur Vorsicht bei Prognosen mahnte, schilderte Lüers in seinem Vortrag, wie sich die Digitalisierung und andere Entwicklungen ganz konkret auf die Sparkasse Harburg-Buxtehude auswirken. „Auch die Niedrigzinsphase geht in Richtung Megatrend“, sagte Lüers. Er bezeichnete Megatrends als „Veränderungen, die uns künftig beeinflussen“. Ein Megatrend sei definiert als Entwicklung über 10 bis 20 Jahre, die alle Bereiche der Gesellschaft, Wirtschaft und Politik berühre, eher global als lokal, eher langsam und „rückschlagsresistent“.

„Wir haben fünf Trends untersucht: Digitalisierung, demografischer Wandel, Regionalität, Niedrigzinsen und Regulatorisches“, erklärte Lüers. Die Digitalisierung zeichne sich durch hohe Geschwindigkeit aus und durch gravierende Auswirkungen auf Kommunikation, Konsum, Arbeit und Freizeit. „Wenn man zum Beispiel dank 3D-Druck Ersatzteile vor Ort herstellen kann, entfallen dadurch Transporte. Wir als Sparkasse merken, dass die Kundenkontakte in der Filiale weniger werden und dafür die Online-Kontakte mehr.“

Der demografische Wandel bedeute: „Die Bevölkerung wird älter, sie wird weniger und hat neue Werte – je nach Generation. Das heißt, wir brauchen zielgruppengerechte Produkte.“ Diese seien in einer Arbeitsgruppe von 20 Mitarbeitern aus 10 Sparkassen entwickelt worden.

​Der Trend zur Regionalität sei als Gegenbewegung zur weltweiten Vernetzung über das Internet zu sehen. „Es geht um Entschleunigung und Rückbesinnung auf Heimat, Nähe, Vertrautes, regionale Stärke. Nun, in der Region sind wir ja schon…“ Auch das immer strengere Aufsichtsrecht sei ein Trend. „Die Anforderungen nehmen zu, der Druck auf die Ertragslage steigt. Das bedeutet für die Mitarbeiter hohe Anforderungen an Sorgfalt, Gewissenhaftigkeit und Fachwissen.“

Und schließlich die niedrigen Zinsen: „Das hat Folgen für die Kunden – geringe Immobilienzinsen stehen steigenden Immobilienpreisen gegenüber. Es wird schwieriger, attraktive Geldanlagen und Möglichkeiten zur Altersvorsorge zu finden. Die Folgen für die Sparkasse: Die Erträge aus Fristentransformation und Zinsüberschüsse gehen zurück. Die Bundesbank rät daher, die Zinsabhängigkeit zu reduzieren und mehr durch Provisionen einzunehmen.“

Noch einmal zurück zur Digitalisierung: „Die Geschäfte mit Privat- und Firmenkunden brauchen variable Kontaktpunkte. Früher haben sich die Leute am Wochenende Gedanken und Pläne gemacht und kamen dann Anfang der Woche zu uns. Heute informieren sie sich übers Internet und entscheiden, ob sie sofort abschließen oder doch eine Beratung brauchen. Deswegen gibt es bei uns auch die Möglichkeit, online mit dem Berater in Kontakt zu kommen, über Video- oder Textchat oder eine Videokonferenz.“

Voraussetzung dafür, dass Berater weiterhin gebraucht werden: „Die persönliche Kundenberatung muss besser sein als Onlineauskünfte. Das bedeutet perspektivisch, wir brauchen weniger Mitarbeiter, aber dafür besser ausgebildete. Die Wirtschaft braucht schnelle Kreditzusagen, aber weniger intensiven Service. Es wird sukzessive weniger Standorte geben, aber unser Kerngebiet bleibt Harburg Stadt und Land.“ Die Digitalisierung dient nicht primär der Kosteneinsparung. Was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert.“ „Nur wird Nähe nicht mehr in Metern gemessen.“