VERSCHÄRFTE BERICHTSPFLICHT AUSSETZEN UND KMU-FREUNDLICH GESTALTEN

Aktueller Status:

Der Beschluss wurde mit Bitte

Der Beschluss wurde mit Bitte um Berücksichtigung  an die CDU-/CSU-Bundestagsfraktion sowie an den Fachreferenten des Konrad-Adenauer-Hauses geschickt.

Datum des Artikels 20.01.2023

Im Juni 2022 haben sich Europäische Kommission, Europäisches Parlament und der Rat auf die Einführung von neuen Nachhaltigkeitsberichtpflichten geeinigt und die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) beschlossen. Diese sieht umfassende Änderungen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung vor. Betroffen ist sowohl der Umfang des zu berichtenden Inhalts als auch die Anzahl der unter diese Regulierung fallenden Unternehmen. Allein in Deutschland wird sich der Anwendungsbereich von ca. 500 auf ca. 15.000 Unternehmen erhöhen. Denn Unternehmen, die zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen, fallen zukünftig in den Anwendungsbereich: mehr als 250 Beschäftigte, eine Bilanzsumme von mehr als 20 Millionen Euro oder Nettoumsatzerlöse von mehr als 40 Millionen Euro. Außerdem gilt die Richtlinie für alle kapitalmarktorientierten Firmen. Zudem ist davon auszugehen, dass viele dieser direkt betroffenen Unternehmen die Berichtspflichten entlang ihrer Lieferkette weitergeben werden, sodass neben diesen unmittelbar betroffenen Unternehmen auch weite Teile des Mittelstandes davon betroffen sein werden. Das alles geschieht in einer Zeit, in der sich die Wirtschaft und insbesondere der Mittelstand in einer existentiellen wirtschaftlichen Krise befindet. Betroffene Unternehmen sind verpflichtet, jährlich einen umfangreichen Bericht über Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung, Diversität usw. zu erstellen, was mit erheblichem Aufwand verbunden ist.

Die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG), die mit der Ausarbeitung der Berichtsstandards beauftragt wurde, hat ihre Vorschläge an die Europäische Kommission übermittelt, die 2023 im Wege eines delegierten Rechtsaktes umgesetzt werden sollen. Die Empfehlungen der EFRAG gehen weit über das Ziel von verhältnismäßigen, effizienten und umsetzbaren Vorschlägen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung hinaus. Sie sind zu umfangreich und erfordern zur Umsetzung den Einsatz unverhältnismäßig hoher Ressourcen, sowohl personeller als auch finanzieller Art, und das insbesondere für viele der 14.500 neuen Unternehmen, größtenteils Mittelständler. Die Vorschläge bergen die Gefahr, den gesamten europäischen Wirtschaftsstandort im internationalen Wettbewerb weiter zu schwächen.

Zudem gibt es keine Rechtssicherheit, ob und in welchem Umfang die von der EFRAG vorgelegten Standards mit geltendem EU-Recht vereinbar sind. So gibt es juristische Gutachten , die zu dem Ergebnis kommen, dass die von der EFRAG vorgelegten Standards den vom EU-Recht gesetzten Rahmen missachten.

Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion fordert:

1. Nachhaltigkeitsberichtspflicht für den Zeitraum der Krise und bis zur Prüfung der Rechtssicherheit stoppen
Solange es keine Rechtssicherheit über die umzusetzenden Standards gibt, dürfen diese nicht umgesetzt werden. Die EU-Kommission muss vor dem Inkrafttreten der zur CSRD gehörigen Standards sicherstellen, dass die von der EFRAG vorgelegten Standards mit europäischen Recht und dem Mandat der im Trilog beschlossenen EU-Richtlinie vereinbar sind, um Rechts- und Planungssicherheit zu gewährleisten. Zudem wäre bereits ohne das Eintreten mehrerer Krisen (Fachkräftemangel, Energiekrise, Inflation, Lieferketten etc.) die Umsetzung der Richtlinie für viele Unternehmen kaum leistbar gewesen. Daher darf eine solch umfangreiche, zusätzliche Regulierung nicht in Zeiten multipler Krisen mit drohender Rezession ausgerollt werden.


2. Nachhaltigkeitsberichtspflichten bürokratiearm und verhältnismäßig ausgestalten
Die von der EFRAG an die Kommission übermittelten Vorschläge gehen weit über das gebotene Maß hinaus. Auf 211 Seiten definiert die EFRAG 378 Anforderungskriterien, die bei der Berichterstattung zu erfüllen sind. Der Umfang sollte auf ein Minimum an Forderungen zusammengekürzt werden. Es muss dringend darauf geachtet werden, dass die vorgeschlagenen Berichtspflichten auch für kleine und mittlere Unternehmen umsetzbar sind. Zudem werden essentielle Unterschiede und Besonderheiten zwischen börsennotierten Aktiengesellschaften oder kapitalmarktorientierten Konzernen und mittelständischen Unternehmen, die mit der Erweiterung auch in den Anwendungsbereich fallen, nicht berücksichtigt


3. Doppelte Berichte und Europäische und Nationale Alleingänge verhindern - Mittelfristig ein Single-Reporting Instrument entwickeln
Bereits heute existiert eine Vielzahl von nationalen und internationalen Berichtspflichten im Bereich Nachhaltigkeit. Die unter die CSRD fallenden neuen Regelungen sollten doppelte Berichterstattung vermeiden und mit internationalen Partnern und Standards abgestimmt sein. Die neuen europäischen Standards sollten die derzeit in Arbeit befindlichen Standards des International Sustainability Standards Boards berücksichtigen, damit international aufgestellte europäische Unternehmen nicht doppelt berichten müssen. Nationale oder Europäische Alleingänge sollten verhindert und stattdessen international abgestimmte Standards etabliert werden.

Viele der abgefragten Bereiche sind bereits Gegenstand anderer, sich in Kraft befindlicher Richtlinien oder Verordnungen. Zudem müssen die Vorschläge so ausgestaltet sein, dass sie Unternehmen Planungssicherheit geben und langfristig Gültigkeit genießen. Es muss vermieden werden, dass sich Umfang und Details laufend ändern und der einzureichende Bericht schleichend immer größer wird. 

Mittelfristig sollte das Ziel sein, dass Unternehmen einen einzigen Nachhaltigkeitsbericht formulieren, der alle wichtigen Informationen gebündelt enthält. Dafür benötigt es ein Single Reporting Instrument, welches mit vorgefertigten Indikatoren, so genannten Key Performance Indicators (KPIs) im Baukastenprinzip ausgestaltet ist und auf die entsprechende Größe, Branche etc. von Unternehmen angepasst wird. Ein solches Instrument muss digital ausgestaltet sein und ebenso Schnittstellen zu Förderprogrammen enthalten. Gleichzeitig müssen die Plattformen der datenliefernden Unternehmen und der Datennutzer miteinander verbunden sein, sodass Informationen auf technisch nahtlose Weise übermittelt, ausgetauscht und analysiert werden können und einen Mehrwert und Nutzen stiften können.


4. Praxisnahe und einfach zugängliche Informationsmaterialien für Unternehmen bereitstellen
Bei der Umsetzung der von der EFRAG vorgeschlagenen Entwürfe zu den Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards müssen verständliche und einfach umzusetzende Hilfestellungen für Unternehmen von den Behörden zur Verfügung gestellt werden.