Wozu ein Emissionsrechtehandel?
Seit 2005 brauchen große Industriebetriebe und Kraftwerksbetreiber in der Europäischen Union CO2-Zertifikate, um produzieren zu können. 2012 kam auch zum Teil der Luftverkehr dazu. Der EU-Emissionshandel (EU-ETS – European Union Emissions Trading System), auch Emissionsrechtehandel genannt, wurde damals eingeführt, um die Klimaziele der EU erreichen zu können. Neben den 28 EU-Mitgliedsstaaten haben sich auch Norwegen, Island und Liechtenstein dem EU-ETS angeschlossen. Der EU-ETS gilt als weltweit erstes multinationales Abkommen zur Reduzierung sogenannter Treibhausgase.
Welche Idee steht dahinter?
Einfach ausgedrückt: Wer Klimagase ausstößt, soll dafür auch bezahlen. Das funktioniert so: Wenn ein Unternehmen innerhalb eines bestimmten Zeitraums CO2 ausstoßen will, dann muss es dazu berechtigt sein. Kraftwerke und Industrieunternehmen müssen deshalb für jede einzelne Tonne emittierter klimaschädlicher Gase ein Emissionszertifikat einlösen. Ist der festgelegte Zeitraum beendet, dann steht das Unternehmen in der Pflicht nachzuweisen, dass seine gesamten Emissionen über eine ausreichende Zahl von Zertifikaten abgedeckt sind. Kann es das nicht, drohen empfindliche Strafen von über 100 Euro je Tonne Klimagase, die unerlaubt in die Luft gepustet wurden. Weil also klimaschädliches Verhalten teurer wird, senken die Unternehmen ihre Emissionen.
Woher kommen die Zertifikate?
Die Zahl der Emissionszertifikate ist begrenzt. Sie wird limitiert durch die Gesamtmenge an Treibhausgasemissionen, die die Politik für einen bestimmten Zeitraum festlegt. In der aktuell laufenden Handelsperiode (2013 bis 2020) wurde eine europaweite Emissionsobergrenze („Cap“ genannt) von insgesamt 15,6 Milliarden Emissionsberechtigungen festgelegt. Das Umweltbundesamt informiert auf seiner Website darüber, dass diese Menge nicht gleichmäßig auf den Handelszeitraum verteilt, sondern die Zahl der Zertifikate jedes Jahr um rund 38 Millionen reduziert wird. Üblicherweise werden die Zertifikate von den Mitgliedsstaaten auf den Auktionsplattformen in Leipzig und London versteigert; für bestimmte Industriezweige gibt es, um sie wettbewerbsfähig zu halten, auch eine kostenlose Zuteilung. Sind die Zertifikate einmal auf dem Markt, können sie von den Unternehmen frei gehandelt werden, also etwa an Börsen. Der Preis richtet sich nach dem marktwirtschaftlichen Prinzip von Angebot und Nachfrage. Unternehmen können deshalb flexibel entscheiden und die kostengünstigste Möglichkeit umsetzen: Ist es preiswerter, in klimafreundliche Technologien zu investieren oder ist der Kauf von Zertifikaten die beste Wahl? Wirtschaftet das Unternehmen CO2-sparsam, kann es sogar Zertifikate verkaufen, die dann wiederum andere Unternehmen erwerben können. Zur Zeit liegt der Preis für ein Zertifikat bei etwa 25 Euro.
Wie erfolgreich ist das System?
Hier gehen die Meinungen auseinander. Kritiker behaupten, dass das System nicht funktioniere, weil die Preise für Emissionsrechte zu niedrig seien. Dabei wird übersehen, dass beim Emissionshandel die politisch festgelegte Höchstmenge an Emissionen die entscheidende Größe ist. Diese Menge wurde und wird nicht überschritten, gleichgültig wie hoch der Preis ist. Das System funktioniert somit genau wie von der Politik gewünscht. Konkret heißt das: Zwischen 2005 und 2017 gingen nach Angaben des Umweltbundesamtes in Europa die Emissionen von Anlagen, die dem Emissionshandel unterliegen, um rund 26 Prozent zurück. Der große Vorteil des Emissionshandels ist, dass durch ihn die Gesamtmenge an CO2, das in der gesamten EU ausgestoßen werden darf, gedeckelt werden kann. Aber: In der EU sind nach Informationen des Instituts der deutschen Wirtschaft gerade einmal 45 Prozent der CO2-Emissionen durch den Emissionshandel abgedeckt. Denn nicht alle Wirtschaftszweige sind hier eingebunden. Ändert sich das nicht, dann ist der Emissionshandel nur bedingt geeignet, die ambitionierten Klimaschutzziele zu erreichen. Der Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung sieht vor, dass Deutschland bis 2030 seine Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 um 55 Prozent reduziert. Die Zeit drängt also.
CO2-Steuer oder CO2-Bepreisung?
In der aktuellen Diskussion werden viele Begriffe eingebracht – und oft durcheinander geworfen. Insbesondere die Grünen, SPD und Linke fordern die Einführung einer CO2-Steuer. Diese würde vor allem fossile Brennstoffe, also Benzin, Diesel, Öl und Gas, verteuern. Statt auf einen marktwirtschaftlichen Preis zu setzen, würde der Staat einen bestimmten Beitrag pro Tonne CO2 festlegen, der mit der Zeit steigen dürfte. Auch aus MIT-Sicht braucht CO2 ein Preisschild (also eine CO2-Bepreisung). Wer CO2 emittiert, soll für die dadurch entstehenden Umweltkosten auch einstehen. Eine neue Steuer lehnt die MIT jedoch ab. Damit könnten weder die nationalen noch die internationalen Klimaziele erreicht werden. Stattdessen würde lediglich die finanzielle Belastung der Bevölkerung weiter steigen. Ein marktwirtschaftlich vernünftiger Weg, den Klimaschutz über Ländergrenzen hinweg wirkungsvoll voranzutreiben, wäre dagegen die Ausweitung des EU-Emissionshandels auf weitere Sektoren wie Verkehr und Gebäude. Dazu will die MIT auf europäischer Ebene eine Verknappung des Emissionsrechteangebots erwirken. Die steigenden Preise würden dazu führen, dass bei den Unternehmen die effizientesten Maßnahmen zur CO2-Reduktion bevorzugt durchgeführt würden. Im Gegenzug sollte beispielsweise die planwirtschaftliche Förderung alternativer Energien abgebaut werden.
Transaktion zwischen dem Emittenten
Dieser Artikel erschien im Mittelstandsmagazin, Ausgabe 3-2019
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