Welche großen Chancen die Digitalisierung entwickeln kann, wurde in einer Diskussionsveranstaltung „Digitalisierung – Innovationskraft oder Bedrohung?“ der Mittelstandsvereinigung Baden-Baden / Rastatt, die am 29.August in der Geroldsauer Mühle in Baden-Baden stattfand, deutlich. Über 100 Interessierte folgten der Einladung der Mittelstandsvereinigung. Der eine sieht die Digitalisierung als Chance, der andere verbindet mit ihr große Angst oder gar Bedrohung. Mit Thomas Strobl, stellvertretender Ministerpräsident, Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration, der Oberbürgermeisterin von Baden-Baden, Margret Mergen, dem Hauptgeschäftsführer der IHK Karlsruhe, Dr. Guido Glania und Prof. Frank Widmayer von der Karlshochschule in Karlsruhe konnten kompetente Ansprechpartner in Sachen Digitalisierung gewonnen werden. „65 Prozent der Grundschüler werden Berufe ausüben, die es heute noch gar nicht gibt“ In ihrem Grußwort verwies Dr. Anemone Bippes, Vorsitzende der Mittelstandsvereinigung Baden-Baden / Rastatt, auf die Bedeutung der Digitalisierung, die nahezu alle Wirtschafts- und Lebensbereiche neu ordne. Ob die Digitalisierung Innovationskraft oder Bedrohung sei, werde in weiten Teilen vor Ort entschieden. „Schnelles Internet, Mobilität, Online-Handel, moderne Verwaltung – nur wenige Stichworte, die deutlich machen, vor welchen Herausforderungen wir stehen. Die Digitalisierung verändert grundlegend die Art und Weise, wie wir arbeiten und leben, wie wir konsumieren und kommunizieren. Die Digitalisierung stellt vieles auf den Kopf. Auf die Veränderungen müssen wir uns vorbereiten. Schätzungen gehen davon aus, dass 65 Prozent der Grundschüler einmal Berufe ausüben werden, die es heute noch gar nicht gibt“, so Dr. Anemone Bippes. Thomas Strobl: „Wir werden diese Chancen nutzen – beherzt und mutig“ In seinem Impulsreferat machte Digitalisierungsminister Thomas Strobl deutlich, dass der Schwerpunkt der Arbeit der Landesregierung auf der Digitalisierung liege. Das Land investiere dafür eine Milliarde Euro. Auch der letzte Schwarzwaldhof werde an das schnelle Internet angeschlossen, ist sich Thomas Strobl sicher. Zentral für den Erfolg der Digitalisierung sei die digitale Infrastruktur, die Ausrüstung der Schulen und die Schulung des Lehrpersonals, die Online Digitalisierung der Verwaltung sowie Sicherheitsfragen. „Je mehr wir uns vernetzen, umso angreifbarer werden wir. Deshalb müssen wir uns schützen und benötigen dafür Regeln. Nur so schaffen wir auch Vertrauen in die Digitalisierung“, so Thomas Strobl. Die Landesregierung habe mit der Cyberwehr in Karlsruhe ein weltweit einmaliges Projekt gestartet – eine Anlaufstelle für Mittelständler, die von Cyberkriminalität betroffen sind. Das Projekt findet in Zusammenarbeit mit der IHK Karlsruhe statt. Baden-Württemberg, so Thomas Strobl, solle digitale Leitregion in Europa werden. Nirgendwo stecke so viel Innovationskraft wie in Baden-Württemberg. „Die Digitalisierung ist eine große Chance, die Lebensqualität der hier lebenden Menschen zu verbessern und den Wirtschaftsstandort zu stärken. Wir werden diese Chancen nutzen – beherzt und mutig“, so der Minister. Zentrale Rolle der Kommunen bei der Digitalisierung In der anschließenden Podiumsdiskussion, die von Dr. Anemone Bippes moderiert wurde, unterstrich Margret Mergen, Oberbürgermeisterin der Stadt Baden-Baden, die zentrale Rolle der Kommunen bei der Digitalisierung. Auf ganz unterschiedlichen Ebenen stelle sich die Stadt den Herausforderungen der Digitalisierung. Margret Mergen berichtete über die Teilnahme ihrer Stadt am Landeswettbewerb „Digitale Zukunftskommune@bw“. Als eine der „Gewinnerkommunen“ wird Baden-Baden mit bis zu 45.000 Euro dabei unterstützt, eine Digitalisierungsstrategie zu entwickeln. Auch sei Baden-Baden derzeit bei der Ist- und Zukunftsanalyse mit dem Fraunhofer Institut Stuttgart. Weitere Projekte seien die bereits umgesetzte Kita-Anmeldung Online, die einheitliche Behördennummer 115 als zentrale und kompetente Anlaufstelle für Anfragen an die Verwaltung, die überarbeitete, benutzerfreundliche Webseite der Stadt. Projekte wie E-Akte, E-Rechnung und E-Vergabe seien im Kommen. Beim schnellen Internet im Gigabereich gingen die Stadtwerke voran. Margret Mergen machte deutlich: „Es ist unser Ziel, die Verwaltung auf Vordermann zu bringen und im Sinne der Bürger zukunftsfähig zu machen.“ „Zukunft des stationären Handels mit Einkaufserlebnissen und Beratungsqualität“ Naturgemäß ist auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) von der Digitalisierung betroffen. Hauptgeschäftsführer Dr. Guido Glania erklärte, dass die IHK den Unternehmen in Sachen Digitalisierung und E-Commerce mit Veranstaltungen, als Ansprechpartner und in Weiterbildungen zur Seite stünde. Dem Handel vor Ort machte Dr. Glania Mut. Vor allem bei kleinen und mittelständigen Betrieben werde die Digitalisierung als Herausforderung gesehen: „Wir müssen die Zukunft des stationären Handels durch die Schaffung von Einkaufserlebnissen und Beratungsqualität stärken. Nur so kann man sich erfolgreich gegen die digitale Konkurrenz behaupten.“ Industrieunternehmen in der Region seien mit großem Engagement dabei, Industrie 4.0 umzusetzen und neue Produkte zu entwerfen. Im Bereich der künstlichen Intelligenz arbeite die IHK daran, Unternehmen Chancen aufzuzeigen, zu beraten und zu vernetzen. Baden-Württemberg hat alle Chancen, eine digitale Vorreiterrolle einzunehmen Prof. Frank Widmayer verwies darauf, dass der Digitalisierungsprozess geprägt ist durch Volatilität, Ungewissheit, Komplexität und Agilität, kurz VUKA. Es sei schwierig, so Widmayer, sich auf etwas vorzubereiten, von dem man nicht genau wisse, wie es am Ende aussehe: „Wir müssen uns mehr auf den Transformationsprozess vorbereiten als auf das Ergebnis.“ Prof. Widmayer plädierte dafür, die künstliche Intelligenz als neues Hilfsmittel für den Menschen zu begreifen. Der Wandel müsse von der Unternehmensspitze ausgehen. Die Organisation in den Unternehmen und die Führungsstruktur stünden spätestens jetzt auf dem Prüfstand – mit Chancen für die Mitarbeiter. Die digitale Transformation – darin waren sich die Teilnehmer der Diskussionsveranstaltung vor allem einig – erfordert Mut und die Bereitschaft für Veränderungen. Baden-Württemberg hat mit seinen Unternehmen und seinem starken Mittelstand alle Chancen, eine digitale Vorreiterrolle einzunehmen.
Empfehlen Sie uns!