
Mieterschutz wird von Konzernen missbraucht
Der Staat wollte Mieter in der Corona-Krise vor Kündigungen schützen. Doch stattdessen wird der Mieterschutz von Konzernen missbraucht. Das prominenteste Beispiel ist der Milliardenkonzern Adidas, der seine Mietzahlungen aussetzen wollte. Erst nach einem öffentlichen Aufschrei wich der Konzern wieder davon ab. Auch andere Unternehmen versuchen es nun mit dieser Masche. Ich vermiete beispielsweise eine Filiale an die Schuhkette Reno. In einem Brief wurde mir mitgeteilt, dass die Miete für April und Mai nicht gezahlt werde. Kein Wort von Stundung, mein gewerblicher Mieter kündigte mir sofort die Nichtzahlung der Miete an. Außerdem wurde angekündigt, auf Grund der bereits gezahlten März-Miete die Miete im Juni nur zu Hälfte zu zahlen.
Gedacht war die gesetzliche Mietenregelung aber doch in Wahrheit für private Wohnungsmieter, die durch Kurzarbeit oder gar Arbeitslosigkeit in Schwierigkeiten geraten sind. Auch kleine Mittelständler wie Gastwirte, Friseure oder Handwerker sollten geschützt werden. Aber dass nun große Konzerne von der Regelung profitieren, war sicherlich nicht im Sinne des Gesetzgebers. Für mich ist die Vermietung eine Geldanlage und Teil der Altersvorsorge. Das Gesetz weist einen massiven Konstruktionsfehler auf. Diesen nun stattfindenden Missbrauch hätte man ganz leicht vermeiden können, indem man zum Beispiel verpflichtend einen Nachweis der Liquiditätsschwierigkeiten als Voraussetzung der Stundung im Gesetzestext vorgeschrieben hätte. Bei gewerblichen Mietern hätte eine Umsatzobergrenze im Gesetz festgeschrieben werden müssen. Diese Oberflächlichkeit in der Gesetzgebung ist auch durch den Zeitdruck nicht zu entschuldigen. Zwei Nebensätze im Gesetz hätten ausgereicht, um die zahlreiche gewerbliche Vermieter vor existenzbedrohenden Liquiditätsengpässen zu schützen.
Manfred Herz ist Kreisvorsitzender der Mittelstandsunion Starnberg sowie Vermieter von Gewerbeimmobilien
________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________
Erntehelfer dringend gesucht
Wegen der Corona-Krise galt für Saisonarbeitskräfte und Erntehelfer ein Einreiseverbot. Wir bauen auf neun Hektar Spargel an. Nach Ostern beginnt beim Spargelstechen die Hauptsaison. Das Einreiseverbot hätte für uns bedeutet, dass ein Teil der Ernte verloren gegangen wäre. Mittlerweile durften glücklicherweise Erntehelfer einreisen. Auch der hessische MIT-Vorsitzende Marco Reuter und der Chef der MIT Bergstraße, Matthias Wilkes, haben sich erfolgreich dafür stark gemacht. Jetzt arbeiten zehn Erntehelfer bei uns auf dem Hof. Vier sollen noch dazu kommen. Letzten Jahr waren bei uns allerdings 30 Helfer im Einsatz.
Die Handernte muss also mit Notbesetzung erledigt werden. Der Rest muss, soweit möglich, maschinell geerntet werden. Dafür konnten wir den Prototypen eines maschinellen Spargelernters organisieren. Ich bin froh, dass für die Erntehelfer eine schnelle Lösung gefunden werden konnte. Aber auch nach der Ernte wird es schwierig. Uns fehlt ein großer Teil des Absatzmarktes. Ich denke dabei nicht nur an die Gastronomie, sondern auch an Werkskantinen. Diese Krise betrifft den ganzen Mittelstand – und der hat schon vor der Krise unter der steigenden Bürokratie und immer neuen Gesetzen gelitten.
Werner Hartmann ist Landwirt und Ehrenvorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion Bergstraße
______________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________
Die Sofortmaßnahmen greifen zu kurz
Unternehmerisches Risiko – das wird jetzt für viele Mittelständler erlebbar. Mein Bildungsbetrieb mit seinen einhundert Mitarbeitern wurde komplett geschlossen. Fünfzig Fahrzeuge habe ich stillgelegt und meine Mitarbeiter auf Kurzarbeitergeld null gesetzt. Meine Aufgabe ist es nun, ihre Arbeitsplätze irgendwie durch diese Krise zu retten. Die Politik verspricht, dass kein gesundes Unternehmen sterben muss und keine Mitarbeiter entlassen werden. Das ist gut gemeint, bleibt aber Augenwischerei. Das Gegenteil ist richtig.
Die „Sofortmaßnahmen“ für Firmen bis 50 Mitarbeiter betragen bis zu 30 000 Euro – einmalig. Das ist angesichts der weiterlaufenden Kosten ohne Umsätze ein Tropfen auf den heißen Stein. Und es ist an eine Bedingung geknüpft: „Vor Inanspruchnahme der Soforthilfe ist verfügbares liquides Privatvermögen einzusetzen.“ Und Überbrückungsdarlehen mit 90 Prozent Ausfallbürgschaft der KWF? Erst im Kleingedruckten erfährt man, dass die selbstschuldnerische Bürgschaft in Darlehenshöhe obligatorisch ist. Viele Mittelständer sind von der Politik und der Lage frustriert. Sie wollen nicht noch mehr ins persönliche Risiko gehen. Viele wollen oder müssen sich vom Markt und den Mitarbeitern für immer verabschieden. Das ist dann erlebtes, unternehmerisches Risiko.
Dr. Harald Pohlmann ist geschäftsführender Gesellschafter der größten Fahrschule Deutschlands
________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________
Unternehmen brauchen einen Fahrplan
Bisher hat die Bundesregierung vieles richtig gemacht. Natürlich verlagern staatlich unterstützte Kredite und Steuererleichterungen viele Probleme nur in die Zukunft. Aber gerade für kleine Mittelständler ist die unbürokratische Unterstützung hilfreich. Da wir jedoch noch nie vor so einer Aufgaben standen, wird sich erst in der Rückschau bewerten lassen, wir sinnvoll die Maßnahmen im Einzelnen sind. Mein Unternehmen, die HDO Druckguß- und Oberflächentechnik GmbH, versucht, mit Kurzarbeit über die Runden zu kommen. Wir haben drei Standorte, alle sind aktuell für zwei Wochen geschlossen. Die Umsatzeinbrüche hielten sich zu Beginn der Krise in Grenzen, jetzt betragen sie aber zwischen 50 und 70 Prozent. Dies wird auch in den nächsten Monaten so weiter gehen. Selbst für solide, eigentlich gesunde Unternehmen werden das harte Zeiten. Ich betreibe auch Hotels und Ferienhäuser. Hier ist die Situation noch viel angespannter, denn eigentlich würde jetzt die Saison beginnen. Auch ist die Eigenkapitalsituation in dieser Branche generell sehr schlecht. Viele Tourismus- und Gastronomiebetriebe werden trotz staatlicher Unterstützung nicht überleben.
Die Unternehmer benötigen in dieser Lage eine Perspektive. Meiner Meinung nach ist es unverantwortlich, auf Sicht zu fahren. Die Unsicherheit wird jeden Tag größer. Wir brauchen einen Fahrplan der Regierung: Bei welchen Pandemie-Kennzahlen erfolgen welche Schritte zur Lockerung der Maßnahmen?
Werner Beneken ist Inhaber und Geschäftsführer der HDO Druckguß- und Oberflächentechnik GmbH in Paderborn
Dieser Artikel erschien im Mittelstandsmagazin (Ausgabe 2-2020)
Empfehlen Sie uns!