REACH-Verschärfung und PFAS-Verbot gefährden den Mittelstand [MIT-Präsidium]

Aktueller Status:

Die Forderungen wurden

Die Forderungen wurden teilweise in einem Brief der stv. Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU Bundestagsfraktion an die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen berüksichtigt. 

Der Beschluss wurde mit Bitte

Der Beschluss wurde mit Bitte um Berücksichtigung  an die Berichterstatter in der Fraktion, die CDU-/CSU-Bundestagsfraktion sowie an den Fachreferenten des Konrad-Adenauer-Hauses geschickt.

Datum des Artikels 12.05.2023

Eine Initiative der EU im Rahmen ihres „Green Deal“ ist die EU-Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit (Chemicals Strategy for Sustainability, CSS). Ziel ist ein besserer Schutz von Menschen und Umwelt vor gefährlichen Chemikalien. Insgesamt sieht die EU-Chemikalienstrategie mehr als 80 Einzelmaßnahmen vor, die in den kommenden Jahren im Rahmen zahlreicher Gesetzgebungsverfahren implementiert werden sollen. Für rund 12.000 chemische Stoffe ändern sich damit wesentliche Gesetze, Zulassungen und Bestimmungen. Wichtiges Instrument ist die geplante Verschärfung der REACH-Verordnung: einen entsprechenden Vorschlag will die EU-Kommission nach mehr als einem Jahr Verzögerung voraussichtlich im letzten Quartal 2023 vorlegen. Bereits heute bringt REACH positive Effekte für den Schutz von Menschen und Umwelt, die aber von den Unternehmen durch viel Personal und hohe Implementierungskosten erbracht werden müssen. Insbesondere für die vielen mittelständischen chemischen Unternehmen in Deutschland ist diese Last erdrückend. Eine weitreichende Verschärfung von REACH würde diesen Negativtrend noch beschleunigen; Planungssicherheit für Unternehmen und Investitionen würden sich weiter verschlechtern.

Einen besonderen Fokus der EU-Chemikalienpolitik liegt derzeit auf PFAS (Per- und Polyfluoralkylsubstanzen), einer Familie von Stoffen, die insbesondere in mittelständisch geprägten Branchen bei zahlreichen Prozessen zum Einsatz kommt (z.B. Textilien, Lebensmittelindustrie, Medizinprodukten). Die Persistenz bzw. geringe Abbaubarkeit in der Umwelt und mögliche Gesundheitsrisiken von PFAS führen zu Besorgnis. Die Bundesregierung hat am 13. Januar 2023 zusammen mit den Niederlanden, Dänemark, Norwegen und Schweden der europäischen REACH-Behörde ECHA vorgeschlagen, PFAS weitgehend zu verbieten. Der vorgelegte Vorschlag sieht ein umfassendes Verbot von mehr als 10.000 PFAS vor. Im März hat die EU-Kommission eine sechsmonatige öffentliche Konsultation zu dem Vorschlag gestartet. Anschließend soll voraussichtlich bis 2025 über ein PFAS-Verbot entschieden werden. Der in Planung befindliche regulatorische PFAS-Ansatz steht im Gegensatz zu allgemein akzeptierten REACH-Prinzipien, nach dem es Beschränkungen von Substanzen nur im Fall von nicht beherrschbaren Risiken geben darf. Eine allgemeine Regulierung tausender PFAS-Substanzen als eine Gruppe hat keine ausreichende wissenschaftliche Grundlage und wäre unverhältnismäßig. Es gibt in vielen Anwendungsbereichen keine geeigneten Alternativen zu PFAS-Substanzen. Sollte es zu einem solchen Verbot kommen, sind unzählige Unternehmen in ihrer Existenz bedroht. Ein Verbot in der Breite aber auch von spezifischen PFAS würde die Innovationsfähigkeit der deutschen Industrie erheblich einschränken.

Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT):
• Mittelstand bei der REACH-Umsetzung nicht benachteiligen: Besonders kleine und mittlere Unternehmen sind auf bürokratiearme und praktikable Lösungen angewiesen. Dies erfordert sowohl aktuell als auch bei möglichen Weiterentwicklungen von REACH besondere Berücksichtigung. Seitdem REACH vor 17 Jahren in Kraft trat, ist eine Berücksichtigung des Mittelstands nicht mehr als ein Lippenbekenntnis. Dies muss sich ändern!
• Anwendung des bestehenden Rahmens vereinfachen und Effizienz verbessern: Der bestehende Rahmen der REACH-Verordnung gewährleistet bereits die sichere und nachhaltige Verwendung von Chemikalien. Ziel muss es sein, dass Verwaltung und Industrie die wirksame und effiziente Anwendung dieses Rahmens verbessern, um die Umsetzung zu vereinfachen.
• Risikobewertungen beibehalten & Zulassungen vereinfachen: REACH basiert die Zulassungen und Beschränkungen auf die Bewertung der Risiken von Chemikalien. Bei der Regulierung von Chemikalien müssen weiterhin klare wissenschaftliche Kriterien gelten. Bei bereits spezifisch regulierten Verwendungen sollten Ausnahmeregelungen möglich sein. Mit Rücksicht auf KMU sollte das Zulassungsverfahren gerade bei kleinen Mengen vereinfacht werden. Die Verfügbarkeit von Stoffen darf nicht unnötig eingeschränkt werden.
• Keine breite Regulierung ganzer Stoffgruppen wie PFAS unabhängig von deren tatsächlichem Risiko: Die MIT ist besorgt, dass die Beschränkung von PFAS unverhältnismäßig und nicht umsetzbar sein wird. Zudem ist der Generalverdacht gegen eine Stoffgruppe keine ausreichende Rechtsgrundlage. Auch ist abzusehen, dass ein Generalverbot von PFAS Ziele des EU-Green Deal konterkarieren wird.
• Regulierung nur für bestimmte PFAS-Untergruppen: Die Zusammenfassung tausender PFAS-Substanzen birgt das Risiko, dass die Regulierung zu komplex für Vollzugsbehörden und damit nicht realisierbar wäre.
• Politische Regulierung nur auf Grundlage eindeutiger wissenschaftlicher Erkenntnisse: Eine genaue Betroffenheitsanalyse muss pro Untergruppe erfolgen, ist unabdingbar. Dazu bedarf es mehr Zeit und eingehender Untersuchungen. Unter anderem erschweren komplexe internationale Lieferketten die Einschätzung der wirtschaftlichen Folgend eines Verbotes vieler tausender Stoffe.

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