Eine jederzeit zuverlässige und leistungsstarke Infrastruktur ist das Rückgrat einer sicheren Energieversorgung. Der Ausbau der erneuerbaren Energien mit ihren dezentralen und volatilen Einspeisungen sowie ihren bidirektionalen Lastflüssen zieht notwendige Investitionen und Anpassungen der Netze nach sich. Dabei muss die sehr hohe Zuverlässigkeit des Netzbetriebs in Deutschland erhalten bleiben. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der zunehmenden Vernetzung, Digitalisierung und Automatisierung unserer Wirtschaft. Neben dem notwendigen Ausbau und der Ertüchtigung der Netze sind immer auch Effizienz, Kostenreduktion sowie eine faire Kostenverteilung im Blick zu behalten. Die erheblichen noch anstehenden Investitionen in Stromübertragungs- und -verteilnetze von 400 Mrd. € bis 700 Mrd. € belasten über die bereits schon hohen Strom-Netzentgelte die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft auf internationalen Märkten in hohem Maße und sind über Jahrzehnte nicht umkehrbar.
Gleiches gilt für die Gasnetzentgelte, bei denen die von der BNetzA vorgegebene auf das Jahr 2045 begrenzte Nutzungsdauer der Netze zu erheblichen Steigerungen der Gasnetzentgelte geführt hat.
Und das obwohl grundsätzlich die vorhandenen Gasnetze auch in hohem Maße für den späteren Wasserstofftransport technisch geeignet sind.
Mit den zum Erhalt der Versorgungssicherheit noch zu errichtenden massiven zusätzlichen Kapazitätsreserven kommen bei der derzeitigen Kosten-Umlagesystematik weitere erhebliche Kostensteigerungen bei den Stromnetzentgelten hinzu.
Des Weiteren belastet zunehmend die Eigenversorgung mit Strom aus erneuerbaren Energien das Umlagesystem der Strom-Netzentgelte. Denn die eigenerzeugten Mengen kürzen die Stromabgabemengen im Umlagesystem. Jedoch benötigt diese Vielzahl von Kunden in Dunkelflauten oder bei Ausfall der Eigenversorgungsanlage die Versorgung durch das Netz, ohne dass sie adäquat dafür bezahlen.
Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion erwartet von der kommenden Bundesregierung, zur Sicherung des Wettbewerbs deutscher Unternehmen auf internationalen Märkten weiteren drastischen Verteuerungen der Strom-Netzentgelte entgegenzuwirken und so einen Beitrag zur Entlastung der Strompreise zu leisten.
Zum Jahreswechsel 2025 ist es durch einen Anstieg der KWKG-Umlage, sowie der Offshore-Netzumlage erneut zu einem Anstieg der Strompreise gekommen. Dieser beträgt aktuell 1,1 ct/kWh. In Zeiten in denen die Energiepreise in Deutschland bereits deutlich über denen der internationalen Konkurrenz liegen ist jeder Anstieg der Energiepreise ein weiterer Risikofaktor bei der wirtschaftlichen Erholung unseres Standortes.
Als eines der entscheidenden Kriterien, bei der Standortwahl von Unternehmen und dem Treffen von Investitionsentscheidungen, sind die Energiepreise von herausragender Bedeutung. Die kurzfristige Stabilisierung und die langfristige Senkung der Strom- und Gaskosten am Standort müssen daher auf der Agenda der nächsten Bundesregierung als eine der drängendsten Aufgaben stehen.
Zur Senkung der Netzentgelte bedarf es einer Kombination an Maßnahmen. Zum einen müssen die Einnahmen der CO2-Bepreisung auch in Form einer Netzentgeltsenkung an den Bürger und die Unternehmen zurückgegeben werden. Andererseits muss der Anstieg der Netzentgelte, durch einen zukünftig zu erfolgenden systemdienlichen Ausbau der erneuerbaren Energien gedämpft werden. Ob der Umfang des Netzausbaus kann daher voraussichtlich geringer ausfallen als derzeit geplant, hängt vom Ausbau der erneuerbaren Energien und dessen Tempo ab. Dies sollte durch ein wiederkehrendes Monitoring aufmerksam verfolgt werden. Bei dem Monitoring und der Ausbauprognose sollte die Auslastung der deutschen Wirtschaft von 2019 zu Grunde gelegt werden. Ebenso müssen alle weiteren Kosteneinsparpotenziale beim Ausbau der Erneuerbaren und der Netze, wie der Verzicht auf Erdverkabelung, genutzt werden.
Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) fordert von der kommenden Bundesregierung daher folgende Maßnahmen zur Dämpfung der Energiekosten:
- Die Einnahmen der CO2-Bepreisung im Bereich Mobilität und Wärme sind in Form einer Netzentgeltsenkung an die Bürger und Unternehmen zurückzugeben. Bei Einnahmen von ca. 15-20 Mrd. € im Jahr 2025 könnte somit ein erheblicher Teil der Netzentgelte im Strombereich finanziert werden. Dies gilt sowohl für den Anteil der Übertragungs- als auch den Teil der Verteilnetzentgelte. Kosten, die nicht primär in den Netzentgelten zu verorten sind, müssen aus den Netzentgelten gelöst und über den Haushalt finanziert werden – so wie bei der EEG-Umlage. Dies betrifft v.a. die Herausnahme der Transformationskosten wie Redispatch, Kraftwerksreserven).
- Es muss dringend überprüft werden, inwieweit der Netzausbau in Deutschland vorangetrieben werden muss, da der Ausbau der Netze hierbei komplett vom Ausbau der erneuerbaren Stromgestehungskapazitäten und dessen Umsetzungstempo abhängig ist. Dies sollte durch ein wiederkehrendes Monitoring aufmerksam verfolgt werden. Die Auslastung der deutschen Wirtschaft von 2019 sollte hierbei die Grundlage des Monitorings bilden.
- Auf der Höchstspannungsebene sind Erdverkabelungen nur in begründeten Fällen durchzuführen. Das gilt auch für Verteilungsbereiche mit verhältnismäßig niedriger Anschlussdichte. Die Rückkehr zu klassischen Oberleitungen spart laut jüngsten Untersuchungen bis zu 20 Mrd. € ein und reduziert nachgelagert den Anstieg der Übertragungsnetzentgelte. Zur weiteren Kostenreduktion sind aber auch bspw. Flexibilisierungspotenziale zu heben.
- Systemdienstleistungen, wie Blindleistung, müssen so weit wie möglich über den Markt erbracht und das Unbundling zwingend beibehalten werden. Netzbetreiber sollten also weder Speicher steuern noch Ladesäulen betreiben. Die Bereitstellung von Flexibilität muss dem Markt überlassen werden und ist nicht Aufgabe des Netzes.
- Die europäische Harmonisierung der Netzentgelte muss stärker vorangetrieben werden. Hierbei sollte eine G-Komponente als Instrument einer kosteneffizienten, regionalen Steuerung umgesetzt werden. Parallel müssen bestehende, nationale Regionalisierungskomponenten wie Quoten oder Referenzertragsmodelle aufgelöst werden.
- Die atypische Netznutzung soll weiterentwickelt werden, indem die sogenannten Hochlast-Zeitfenster flexibilisiert werden. Dadurch wird es möglich, dass mehr erneuerbarer Strom genutzt wird und die Netze dadurch entlastet werden.
- Es bedarf einer wirkungsvollen Nachfolgeregelung zu den individuellen Netzentgelten (nach § 19 II StromNEV), welche auch die wirtschaftspolitischen Aspekte der Regelung im Blick hat und die Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit stromintensiver Prozesse angemessen berücksichtigt;
- In der Niederspannung haben Eigenversorger ein kapazitätsabhängiges Netzentgelt zu entrichten, da sie im Bedarfsfall von der Netzinfrastruktur abhängig sind und Kraftwerkskapazitäten zur Versorgungssicherheit binden. Bei Anlagen kleiner als 10 kW sind, dafür Pauschalbeträge zu erheben.
- Zur Entlastung der Strom-Netzentgelte ist ein marktwirtschaftliches System im Strommarktdesign, insbesondere auch für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit einzuführen. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind daher so anzupassen, dass die Lieferung aller am Markt gehandelten Strommengen entsprechend ihrem witterungsbedingten volatilen Anteils europaweit und technologieoffen physikalisch abgesichert werden muss.
- Die BNetzA ist aufzufordern, dass die das Gasnetzentgelt stark belastende auf das Jahr 2045 für Gasnetze festgelegte Nutzungsdauerbegrenzung mit sofortiger Wirkung wieder aufgehoben wird.
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