Nationale CO2-Bepreisung nur bei gleichzeitiger Kompensation

Aktueller Status:

Der Beschluss wurde mit Bitte

Der Beschluss wurde mit Bitte um Berücksichtigung an den Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Thomas Bareiß MdB, an den Vorsitzenden der AG Wirtschaft und Energie der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Joachim Pfeiffer MdB sowie an den Fachreferenten des Konrad-Adenauer-Hauses geschickt.

Der Beschluss wurde als

Der Beschluss wurde als Pressemeldung verschickt und auf der MIT-Webseite veröffentlicht sowie bei Twitter geteilt.

Datum des Artikels 30.06.2020
Beschluss

Zum 1. Januar 2021 soll das Herzstück des Klimaschutzprogramms 2030 starten, die nationale CO2-Bepreisung für die Emissionen in Deutschland, die nicht unter den europäischen Emissionshandel (ETS) fallen. Ausgenommen wird lediglich die Landwirtschaft. Die Bundesregierung rechnet damit, dass zum Start rund 360 Mio. Tonnen CO2 von diesem System abgedeckt werden. Enthalten darin ist auch ca. ein Drittel der Emissionen der deutschen Industrie.

Nach einer Einführungsphase von 2021 bis 2025 soll ab 2026 ein Handelssystem mit Zertifikaten greifen. Bevor das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) in Kraft tritt, hat das Bundeskabinett beschlossen, die fixen Werte in der Einführungsphase zu erhöhen. So soll der Startwert für eine Tonne CO2 bei 25 Euro statt 10 Euro liegen. Bis 2025 soll dieser Wert auf 55 Euro statt bisher 35 Euro ansteigen. Die Erhöhungen sind allerdings noch nicht vom Gesetzgeber beschlossen. Vorgesehen ist zudem eine indirekte Kompensation über eine Senkung der EEG-Umlage aus dem Bundeshaushalt sowie eine direkte Kompensation, die im Zuge einer Verordnungsermächtigung noch ausgestaltet werden muss.

Um die Wettbewerbsfähigkeit des Standort Deutschland zu sichern, sind folgende Maßnahmen erforderlich:

1. Die Bundesregierung beschreitet den richtigen Weg, indem sie mit einem Handelssystem auf ein marktwirtschaftliches Instrument setzt. Dadurch können die Klimaschutzvorgaben effizient erreicht werden. Problematisch ist allerdings, dass in vielen Bereichen derzeit keine wirtschaftlichen Alternativen zur Verfügung stehen. Daher ist eine direkte und indirekte Kompensation der Zusatzbelastung aus der CO2-Bepreisung zwingend.

2. Im BEHG ist eine direkte Kompensation im Rahmen einer Verordnungsermächtigung vorgesehen. Allerdings lässt diese offen, wie genau eine solche Maßnahme ausgestaltet werden soll und wer davon profitieren kann. Die Kompensation muss grundsätzlich Unternehmen aller Branchen offenstehen und einen besonderen Fokus auf den Mittelstand legen. Zudem darf sie nicht an Investitionen der Unternehmen in den Klimaschutz gebunden werden. Für energiesteuerbefreite industrielle Prozesse eingesetzte Brennstoffe sowie weitere energiesteuerbefreite und klimaschonende Brennstoffe wie Biomethan oder Grubengas und die stoffliche Verwertung von Brennstoffen müssen ebenso wie die thermische Abfallverwertung grundsätzlich von der nationalen CO2-Bepreisung ausgenommen werden.

3. Mittelständler in der Besonderen Ausgleichsregelung profitieren von einer sinkenden EEG-Umlage kaum oder nicht. Bei vielen ist sogar das Gegenteil der Fall und sie müssen mit höheren Strompreisen durch die volle EEG-Umlage rechnen. Für diese Betriebe muss es eine direkte Kompensation für die eingesetzten Brennstoffe geben. Zudem muss durch eine Absenkung der Schwellenwerte für die Besondere Ausgleichsregelung verhindert werden, dass ihre Stromkosten steigen. Andernfalls verliert der Standort Deutschland wichtige Teile seiner Wertschöpfungsketten.

4. Von vielen Mittelständlern werden auch meist gasgefeuerte KWK-Anlagen betrieben. Durch die Einbeziehung der Brennstoffe ab 2021 in die nationale CO2-Bepreisung wird deren Wirtschaftlichkeit direkt massiv verschlechtert. Die Brennstoffe noch nicht vollständig abgeschriebener Anlagen müssen daher ebenfalls aus dem Anwendungsbereich des BEHG herausgenommen werden. 

5. Maßnahmen in den Bereichen, die unter das BEHG fallen, schwächen die Wirkung des CO2-Preises ab. Daher sind bestehende Instrumente, wie Energiesteuern oder Effizienzvorgaben, abzubauen. Auf zusätzliche Maßnahmen muss verzichtet werden.

6. Werden die Kompensationsmaßnahmen nicht oder nicht vollständig bis 31.12.2020 umgesetzt, muss der Start der nationalen CO2-Bepreisung verschoben werden, bis die Kompensationsfragen alle beantwortet und mit der EU-Kommission geklärt sind. Zudem muss das deutsche System so rasch wie möglich durch ein gemeinsames europäisches Handelssystem abgelöst werden, um die Vorteile des größeren Marktes für den Klimaschutz zu erschließen und Wettbewerbsnachteile für den Standort Deutschland zu mildern.

Begründung:
Der Handel mit CO2-Zertifikaten wird im Verbund mit einer Emissionsobergrenze (Cap) dafür sorgen, dass Emissionen dort vermieden werden, wo es am effizientesten möglich ist. Klimaschutz wird damit so günstig wie möglich. Mit diesem Handelssystem werden Wirtschaft und Bürger in ihren Investitions- und Konsumentscheidungen hin zu klimafreundlichen Entscheidungen gelenkt. Dies gilt allerdings nur so lange, wie technische und/oder wirtschaftliche Alternativen zur Verfügung stehen. In vielen Bereichen ist dies heute und in absehbarer Zeit aber nicht der Fall. Dazu gehören insbesondere der Diesel im Schwerlastverkehr, Brennstoffe zur stofflichen Verwertung in der Industrie und Gas in der Prozesswärme.

Beispiel Erdgas in der Prozesswärme: Der Endkundenpreis für Erdgas liegt bei größeren Mittelständlern derzeit bei etwa 2 bis 3 Cent/kWh. Bereits bei einem CO2-Preis von 25 Euro/Tonne ergibt sich eine Preissteigerung zwischen 17 und 25 Prozent. Während beim Strompreis die deutschen Wettbewerbsnachteile bekannt und eklatant sind, haben die Unternehmen beim Gas derzeit keine Standortnachteile. Dies wird sich mit der Einführung der CO2-Bepreisung schlagartig und massiv ändern. Verlagerungen von Aufträgen oder Standorten ins europäische Ausland sind wesentlich leichter möglich, weil diese weiterhin von den Vorteilen des Binnenmarktes profitieren. Ob Schrauben aus Polen, Frankreich oder Deutschland in den Handel gelangen, spielt insofern keine Rolle.

Die Senkung der EEG-Umlage aus den BEHG-Einnahmen hilft sehr vielen Unternehmen. Kompensiert werden müssen allerdings Unternehmen mit geringen Stromverbräuchen im Vergleich zu Brennstoffen. Unternehmen in der Besonderen Ausgleichsregelung können aufgrund sinkender Stromkostenintensität durch die geringere EEG-Umlage ab 2022 aus dieser Regelung herausfallen und die volle Umlage bezahlen müssen. Dies würden viele nicht überleben, so dass neben der direkten Kompensation der Brennstoffbelastung über das BEHG auch eine Anpassung der Schwellenwerte im EEG notwendig ist.

Wirtschaftliche Probleme bekommen auch Betreiber von fossilen KWK-Anlagen. Sie profitieren ebenfalls nicht oder kaum von einer sinkenden EEG-Umlage, da der Strom häufig vollständig selbst verbraucht wird und daher keine bzw. eine reduzierte Umlage bezahlt werden muss. Daher müssen auch die Brennstoffe nicht abgeschriebener Anlagen herausgenommen werden.

Ohne eine umfassende Kompensation wird vielen Mittelständlern der Boden unter den Füßen weggezogen. Daher darf das Gesetz erst in Kraft treten, wenn alle Kompensationsfragen geklärt sind und der Standort Deutschland keinen Wettbewerbsnachteil erleidet.