Mittelstand durch zielgerichtete Förderpolitik stärken [MIT-Präsidium]

Datum des Artikels 09.05.2023
Beschluss

Unternehmen und Mittelstand sind diejenigen, die in Deutschland Investitionen in Innovationen umsetzen sollen und müssen. Fördermaßnahmen müssen effektiv, effizient und nachhaltig verwertbar erfolgen und sich so in den unternehmerischen Alltag sinnvoll einfügen. Deutschland braucht zusätzlich dazu dringend private Investitionen in Forschung und Innovation. Leider erreichen Investitionsanreize gerade kleine und mittlere Unternehmen oft nur unzureichend. Hinzu kommt, dass Förderprojekte häufig nicht auf eine nachhaltige Zielerreichung ausgelegt sind. Staatliche Förderpolitik ist oft praxisfremd organisiert, kompliziert und setzt zu wenig auf die Eigenverantwortung der Akteure. Allzu häufig stehen Kompetenzstreitigkeiten zwischen Ministerien der Erreichung von Innovations- und Forschungszielen im Weg. Anstatt Silodenken brauchen wir mehr interministerielle Zusammenarbeit.

Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) fordert:


I. Investitionsförderung strategisch angehen

  • Um Forschungsförderung und Innovationsprogramme schnell und zielgerichtet auszugestalten, sollten unter Federführung des Bundeskanzleramtes zeitlich befristete Projektarbeitsgruppen verschiedener Ministerien eingerichtet werden. Das Kanzleramt muss für jede Projektarbeitsgruppe die Kompetenzen der Ministerien bündeln und koordinieren. Die Einrichtung solcher Projektarbeitsgruppen ließe sich zügig und unkompliziert umsetzen.
  • Staatliche Förderpolitik ist dort sinnvoll und erforderlich, wo private Investitionen über den Markt nicht ausreichen. Diese Überlegung ist grundsätzlich jeweils einer jeden Fördermaßnahme vorzuschalten. Jeder Fördermaßnahme muss die Frage vorangestellt werden, welcher Strauß möglicher Investitionsinstrumente zur Verfügung steht und wie die geplante förderpolitische Maßnahme in diesem Rahmen sinnvoll und ergänzend ausgestaltet werden kann. Aus den Optionen möglicher unternehmenstauglicher Förderinstrumente dürfen einzelne Investitionsarten nicht diskriminiert werden. So muss zum Beispiel geprüft werden, ob und inwieweit verlorene Zuschüsse eingebunden werden müssen, die Förderung über zinsvergünstigte Darlehen erfolgen kann, eigenkapitalergänzende Maßnahmen angebracht sind oder Investitionen über bilanzneutrale Investitionsmaßnahmen wie Leasing erreicht werden.
  • Bei der Konzeption von Förderprogrammen sind die verschiedenen Investitionsarten auf ihre Zielerreichung zu prüfen. Dabei darf nicht nur die reine Eigentumsverschaffung im Fokus stehen, sondern auch ihr Mehrwert in der Nutzung (zum Beispiel Leasing oder Miete) oder die Notwendigkeit ergänzender Services und Dienstleistungen (zum Beispiel IT-Betreuung) betrachtet werden.


II. Fokus auf langfristig wirksame Förderprojekte
Damit Fördermaßnahmen auch nach dem Ende einer Förderung nachhaltig ihr Potenzial und ihre Wirkung entfalten können, müssen folgende Parameter zum Tragen kommen:

  • Messbare Kriterien für Wirksamkeit der Fördermaßnahme definieren: Um nachzuhalten, welche Wirkung eine Fördermaßnahme entfaltet, müssen vorab transparente und praxisrelevante Messkriterien für den Erfolg definiert werden. Mögliche Kriterien sind zum Beispiel erzielte Reichweiten, Relevanz der Fördermaßnahme für die mittelständische Unternehmenspraxis. Dabei muss auch relevant sein, wie erfolgreich sich geförderte Projektideen am Markt etablieren konnten, welche Rahmenbedingungen dazu geführt haben und dies anhand transparenter Kriterien. Ein Praxischeck-Forum kann als Sounding Board, rotierend zusammengesetzt aus Praktikern aus dem Mittelstand, Förderer und Projektträger dabei unterstützen, Wirksamkeit und Praxisrelevanz einer Fördermaßnahme transparent zu prüfen. Ein solches Sounding Board kann auch als Quelle für Förderbedarfe aus dem Mittelstand eingesetzt werden.
  • Transferinstrumente in Förderprojekten systematischer einsetzen: Der Mehrwert bewährter universeller Transferinstrumente mit internationaler Wirkung (zum Beispiel Normen, Standards, Patente) muss stärker bei der Konzeption von Förderprogrammen mitgedacht werden. Künftig muss zu Beginn eines Projektes, während der laufenden Projektphase und am Projektende der aktuelle Stand der Technik (dokumentiert im existierenden Normenwerk) in den Blick genommen werden, um das Transfer- und Marktpotenzial von geförderten innovativen Ideen besser auszuschöpfen.
  • Förderpolitik und -bestimmungen aufeinander abstimmen: Im Sinne eines ökonomisch effizienten Einsatzes von Fördermitteln zum Vorteil für den Wirtschaftsstandort Deutschland müssen ressortübergreifend Schlüsselthemen identifiziert und priorisiert werden. Unabgestimmte und unbeabsichtigte Doppelfördermaßnahmen, die schlimmstenfalls miteinander konkurrieren oder sich – umgekehrt – gegenseitig ausschließen mit der Folge, dass die Förderung komplett unterbleibt, müssen künftig ausgeschlossen werden.

 

III. Fördermaßnahmen schlank, effizient und praxistauglich ausgestalten
Viele aktuelle Förderrahmenbedingungen sind nicht nur zu bürokratisch und in weiten Teilen praxisfremd. Sie binden viel kostbare Zeit und kosten personelle Ressourcen. Komplizierte Anträge, zu kurze Förderzeiträume, fehlendes eigenes Engagement der Behörden oder nicht ausreichendes Personal erschweren den Zugang zu dringend benötigten Fördermitteln. Diese Situation führt zu investiven Fehlanreizen und erdrückt jegliche Eigenverantwortung. Daher ist dringend ein Paradigmenwechsel erforderlich:

  • Antragsverfahren müssen verständlicher formuliert, erheblich verkürzt und beschleunigt werden und auf immer kürzere Innovationszyklen eingehen können
  • Hürden zum Abruf der zur Verfügung stehenden Fördermittel müssen spürbar verringert werden (z. B. Dokumentationspflichten)
  • Eigenverantwortung der Akteure muss gestärkt werden (z. B. bei der Modifizierung von geförderten Maßnahmen aufgrund technologischer Entwicklungen) 

IV. Besserstellungsverbot aufheben
Die Deckelung von Forschergehältern auf das Niveau des öffentlichen Dienstes bringt für geförderte privatwirtschaftliche Forschungseinrichtungen im internationalen Wettbewerb und für die Bemühungen Spitzenforscher einzubinden erhebliche Wettbewerbsnachteile. Gerade der Mittelstand ist auf die Kooperation mit diesen Einrichtungen angewiesen, um Innovationen voranzutreiben. Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) fordert:

  • Das Bundeshaushaltsgesetz sollte industrienahe Forschungseinrichtungen daher von dem Verbot ausnehmen.
  • Die im Anhang des Wissenschaftsfreiheitsgesetzes aufgeführten gemeinnützigen Industrieforschungseinrichtungen sind im §2 zu berücksichtigen.
  • Die Übergangsfrist muss lang genug dauern, bis die Aufnahme der aufgeführten Einrichtungen in den Geltungsbereich des WissFG noch erfolgt ist.
  • Bestehende Verträge mit Spitzenwissenschaftlern müssen erhalten bleiben können.
  • Geförderte Arbeitgeber dürfen über TVöD-Bezahlung hinausgehen, sofern die über TVöD-Sätze hinausgehende Entlohnung aus privaten Mitteln finanziert wird.