MIT-Konjunkturbrief Mittelstand aktuell Oktober 2024

Datum des Artikels 08.10.2024
Bund aktuell

Seit zwei Jahren stottert die deutsche Wirtschaft. Ob führende Wirtschaftsinstitute, Bundesregierung oder internationale Organisationen, sie alle mussten ihre Prognosen zuletzt weiter senken. An Wachstum oder gar Aufschwung ist nicht zu denken. Sowohl in der EU als auch unter den OECD-Ländern sind wir ökonomisches Schlusslicht. Die Auftragsbücher bleiben ausgedünnt. Seit nunmehr 14 Monaten steigen die Insolvenzen. Auch von den Auslandsmärkten erwarten die Unternehmen keine Belebung. Die Inflation hat sich zwar zuletzt normalisiert, könnte aber bald wieder ansteigen. Im Bereich Innovationskraft verlieren wir an Boden, im Vergleich mit anderen Industrieländern ist Deutschland erneut um zwei Ränge abgerutscht. Im Mittelstand geht die Beschäftigung zurück und die Einstellungsbereitschaft ist auf dem niedrigsten Stand seit zehn Jahren. Besonders unter Druck steht der industrielle Mittelstand: Umsatz, Gewinn und Investitionen sinken. So wundert es nicht, dass das Geschäftsklima unter KMU so schlecht ist wie zuletzt auf dem Höhepunkt der Energiekrise im Herbst 2022. Schon 78,5% der KMU sind unzufrieden mit der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung, im verarbeitenden Gewerbe sind es sogar 84,8%. Deshalb braucht Deutschland rasch eine wirtschaftspolitische Wende. Ob Steuern, Arbeitskosten, Energie oder Bürokratie – es geht darum, Belastungen abzubauen und Anreize für Investitionen zu setzen.

Wirtschaftsleistung: Seit zwei Jahren tritt die deutsche Wirtschaft auf der Stelle. Die führenden Wirtschaftsinstitute haben ihre Wachstumsprognosen drastisch reduziert und gehen für 2024 von einem BIP-Rückgang um -0,1% aus (Gemeinschaftsdiagnose 26.09.24), die Bundesregierung hat ihre Prognose sogar auf -0,2% korrigiert (Handelsblatt 07.10.24). Die OECD erwartete zuletzt immerhin +0,1% - auch das reicht aber OECD-weit nur für den drittletzten Platz (OECD 25.09.24). Die Autoindustrie hat im 1. HJ 2024 4,7% weniger umgesetzt als im 1. HJ 2023 (Destatis 07.10.24). Angespannt ist Lage der KMU. Sorge bereitet hier besonders der industrielle Mittelstand, bei rückläufigem Umsatz (5% unter Vorjahr) steigen hier die Personalkosten (DATEV 24.09.24).

Auftragslage: Der Auftragseingang im Verarbeitenden Gewerbe ist im August 2024 um 5,8% gegenüber dem Vormonat gefallen (Destatis 07.10.24). Der Auftragsbestand im Verarbeitenden Gewerbe war im Juli 2024 gegenüber dem Vormonat um 1,0% gestiegen, das war der erste Anstieg seit Dezember 2023. Damit waren die Auftragsbücher aber insgesamt noch um 4,3% dünner als ein Jahr zuvor (Destatis 18.09.24).

Insolvenzen: Im 1. HJ 2024 meldeten 24,9% mehr Unternehmen Insolvenz an als im Vorjahreszeitraum. Im August war die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen noch um 10,7% höher als im Vorjahresmonat. Damit liegt die Zuwachsrate (Ausnahme Juni 2024) seit 14 Monaten im zweistelligen Bereich (Destatis 11.09.24).

Preisentwicklung: Die Inflationsrate lag im September bei lediglich 1,6%, ohne Nahrungsmittel und Energie (Kerninflation) etwa bei 2,7% (Destatis 30.09.24). Im gesamten Euroraum liegt Teuerung bei 1,8%. Da der Rückgang zum größten Teil auf die derzeit niedrigen Energiepreise im August und September zurückgeht dürfte die Inflation zur Jahreswende wieder über 2% steigen (DZ Bank 01.10.24).

Arbeitsmarkt: Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung haben im September zwar abgenommen, jedoch weniger als für einen September üblich. Die Arbeitslosenquote sank um 0,1 Prozentpunkte auf 6,0% (ILO-Konzept: 3,8%) (BA 27.09.24). In der Industrie wurde in den vergangenen Monaten häufiger Kurzarbeit gemeldet (ifo 13.9.24). Im Mittelstand geht die Beschäftigung erstmals seit vielen Jahren zurück, 21,2% der Unternehmen melden Personalabbau (Vorjahr: 16,0%). Die Einstellungsbereitschaft ist auf dem niedrigsten Stand seit zehn Jahren (Creditreform 30.09.24). Die Personalplanung der Industrie wird vorsichtiger, das ifo-Beschäftigungsbarometer fiel zuletzt auf den niedrigsten Wert seit August 2020 (ifo 27.09.24).

Außenwirtschaft: Die Stimmung in der deutschen Exportindustrie ist im Sinkflug, die ifo Exporterwartungen gingen im September zurück. Die Unternehmen klagen über fehlende Aufträge aus dem Ausland, insbesondere die Metallbranche und die Autoindustrie rechnen mit deutlichen Einbußen (ifo 25.09.24).

Standortattraktivität: Im Bereich Innovationskraft verliert der Standort Deutschland an Boden. Im Vergleich mit anderen Industrieländern sind wir erneut um zwei Ränge auf Platz 12 abgerutscht. Zwar konnte Deutschland im Bereich Nachhaltigkeitsinnovationen aufholen, ist aber bei den Schlüsseltechnologien zurückgefallen (BDI/ZEW 18.09.24). Die wirtschaftliche Lage der KMU in Deutschland hat sich seit Frühjahr 2023 negativ entwickelt, und zwar gegen den europaweit positiven Trend: Umsatz, Gewinn und Investitionen sinken (IfM 18.09.24). Entsprechend unzufrieden ist gerade der Mittelstand mit der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung, 78,5% der KMU bewerten die aktuelle Wirtschaftspolitik negativ (Verarbeitendes Gewerbe: 84,8%) (Creditreform 30.09.24).

Geschäftsklima Mittelstand: Angesichts der lahmenden Konjunktur verschlechtert sich die Stimmung unter den KMU weiter. Das KfW/ifo-Mittelstandsbarometer sinkt zum fünften Mal in Folge und notiert so niedrig wie zuletzt auf dem Höhepunkt der Energiekrise im Herbst 2022 (KfW/ifo 01.10.24). Auch das Geschäftsklima im mittelständisch geprägten Einzelhandel hat sich im September eingetrübt (ifo 07.10.24). Der Creditreform-Indikator für das Geschäftsklima im Mittelstand ist erstmals seit zwei Jahrzehnten über zwei Jahre in Folge negativ (Creditreform 30.09.24) und der ifo Geschäftsklimaindex für das Verarbeitende Gewerbe ist auf den niedrigsten Wert seit Juni 2020 gesunken (ifo 24.09.24).

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