MIT-Konjunkturbrief Mittelstand aktuell November 2024

Datum des Artikels 01.11.2024
Bund aktuell

Nach der OECD hat zuletzt auch der IWF Deutschlands Rolle als wirtschaftliches Schlusslicht der großen Industrieländer bestätigt. Die wirtschaftliche Schieflage am Standort Deutschland wurde zuletzt medienwirksam durch den dramatischen Stellenabbau bei VW. Aber nicht nur die Großunternehmen der Industrie sind Leidtragende des wirtschaftspolitischen Versagens. Besonders hart getroffen sind viele, viele kleine und mittlere Unternehmen, die es nicht in die Abendnachrichten schaffen. So hat sich im mittelständischen Wohnungsbau der Auftragsmangel verschärft. Der Mittelstand insgesamt macht bereits sieben Prozent weniger Umsatz als noch vor einem Jahr – und das bei steigenden Belastungen. Die Hälfte der Investitionsvorhaben von KMU scheitert an Bürokratielasten. KMU haben es so schwer wie zuletzt vor sieben Jahren, an Kredite zu kommen. Noch nie wurden im Mittelstand weniger Kreditverhandlungen geführt. Und noch nie planten weniger KMU Investitionen in die Zukunft. Entsprechend ist der Stellenabbau im Mittelstand in vollem Gange und die Stimmung der KMU verfinstert sich weiter. Und weder von den Auslandsmärkten noch von der EZB ist konjunktureller Rückenwind zu erwarten. Deshalb braucht Deutschland rasch einen wirtschaftspolitischen Neustart. Unternehmen müssen von Regulierung befreit werden. Energie- und Arbeitskosten müssen sinken und Auslandsmärkte erschlossen werden. Die Zeit drängt.

Wirtschaftsleistung: Im vergangenen Q3 wuchs das BIP zwar nominell um 0,2% gegenüber dem Vorquartal, preis- und kalenderbereinigt ging es allerdings um 0,2% zurück (Destatis 30.10.24). Nach den führenden Wirtschaftsinstituten, der Bundesregierung und der OECD hat zuletzt auch der IWF die Hoffnung auf Wirtschaftswachstum in Deutschland aufgegeben (2024: 0,0%). Damit verteidigt Deutschland seinen Platz als Schlusslicht der großen Industrieländer (IWF 22.10.24). Insbesondere verschlechtert sich die Lage der KMU, deren Umsätze im September um 7,1% unter Vorjahresniveau lagen (DATEV 22.10.24).

Auftragslage: Die Auftragsbücher haben sich im August im Verarbeitenden Gewerbe gegenüber dem Vormonat um weitere 1,0% ausgedünnt. Der Auftragsbestand lag damit um 4,7% unter Vorjahresniveau (Destatis 17.10.24). Im Wohnungsbau berichteten 52,9% von Auftragsmangel (August: 50,6%) (ifo 11.10.24).

Insolvenzen: Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen ist im September 2024 um 13,7% gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen, seit Juni 2023 sind zweistellige Zuwachsraten zu verzeichnen (Destatis 11.10.24).

Preisentwicklung: Die Inflationsrate hat im Oktober deutlich zugelegt und lag bei rund 2,0%. Die Kerninflation (ohne Nahrungsmittel und Energie) lag bei rund 2,9% (Destatis 30.10.24). Auch die Preiserwartungen der Unternehmen sind gestiegen, entsprechend dürfte die Inflation weiter anziehen (ifo 29.10.24), internationale Wirtschaftsexperten erwarten für Deutschland (2024) 2,4% (ifo 16.10.24).

Arbeitsmarkt: Im September sank die Zahl der Erwerbstätigen gegenüber dem Vormonat um 18.000 Personen, dies war der vierte Rückgang in Folge (Destatis 30.10.24). Im Mittelstand ist die Beschäftigung im Vorjahresvergleich zurückgegangen (DATEV 22.10.24).

Finanzierung: In Q2 schrumpfte das Kreditneugeschäft um 2% gegenüber dem Vorjahresniveau (KfW 16.10.24). Mittelständler sehen sich bei der Kreditvergabe mit wachsenden Anforderungen konfrontiert, die KfW/ifo-Kredithürde kletterte auf den Höchstwert seit letztem Sommer (KfW/ifo 23.10.24). Im September berichteten 32,9% der Unternehmen von zurückhaltenden Banken (Juni: 27,1%) – der höchste Wert seit sieben Jahren (ifo 14.10.24). Die Ablehnungsquote hat sich im Mittelstand um 12% erhöht. Entsprechend hat sich das Finanzierungsklima eingetrübt. Nur jedes vierte KMU hatte Kreditverhandlungen geführt, so wenige wie nie zuvor (KfW 15.10.24).

Außenwirtschaft: Im August waren die Exporte um 1,3% gestiegen, die Importe sind jedoch mit -3,4% eingebrochen (Destatis 09.10.24). Die Stimmung der Exportindustrie verschlechtert sich im Oktober weiter, die ifo- Exporterwartungen sanken. Die Industrie rechnet mit einem rückläufigen Auslandsgeschäft, die stärksten Einbußen befürchten die Automobilbranche und die Metallindustrie (ifo 28.10.24).

Standort Deutschland: Der Mittelstand schätzt die künftige Wettbewerbsposition am Standort immer schlechter ein: 29% der KMU rechnen damit, im internationalen Wettbewerb zurückzufallen (Vorjahr: 19%). Die größten Herausforderungen sehen KMU in Bürokratie, Energiekosten sowie Umwelt- und Klimaschutzbestimmungen (KfW 09.10.24). Wegen Bürokratie setzten 56,4% Investitionsvorhaben nicht um. Am schwersten wiegt die Bürokratielast im Bereich Steuern, insbesondere durch die Gewerbesteuer. Eine Bürokratieentlastung könnten die Gewinne um 16,8% steigen (GBP-Monitor 18.10.24). Nur 39% der KMU arbeitete 2023 an Investitionsprojekten – nahe am Allzeittief. 2024 hält die schwache Investitionstätigkeit an (KfW 15.10.24). Ein Vorbote der Deindustrialisierung ist die Automobilindustrie, hier wurden seit 2019 46.000 Arbeitsplätze abgebaut, bis 2035 werden es um 190.000 Arbeitsplätze sein (prognos/VDA 29.10.24).

Geschäftsklima Mittelstand: Die Stimmung im Mittelstand hat sich im Oktober zum fünften Mal in Folge verschlechtert. Vor allem die trüben Zukunftsaussichten drücken die Stimmung. Die Geschäftserwartungen sind auf den tiefsten Stand seit acht Monaten gefallen (KfW/ifo 31.10.24). Auch das Geschäftsklima für die Selbständigen hat sich im September verschlechtert und nähert sich dem Langzeittief (ifo 10.10.24).

Mehr zum Thema