Mehr Wettbewerb im Arzneimittelmarkt. Für eine sichere Patientenversorgung

Datum des Artikels 30.03.2019

Versorgungsprobleme bei Arzneimitteln in Deutschland entstehen unter anderem durch die Verschiebung deutscher Waren ins Ausland durch den Großhandel, da in Deutschland inzwischen bei vielen Festbetragspräparaten aufgrund von systembedingten Preisabsenkungen (= Festbetragsspirale) ein niedrigeres Preisniveau gegenüber dem Ausland entstanden ist.

Durch die Scharfstellung der Arzneimittelrabattverträge im Jahr 2007 ist im rabattvertragsgeregelten Markt eine Marktkonzentration eingetreten, die für den Patienten nicht ohne Folgen für die Versorgung bleibt. Da bei Rabattausschreibungen als Zuschlagskriterium nur der niedrigste Preis zählt, finden qualitative Aspekte in dem Prozedere keine Beachtung. Dies hat negative Auswirkungen für die Arzneimittelversorgung in Deutschland. Für viele mittelständische Firmen mit eigener Produktion in Deutschland oder Europa gehen die immer höher werdenden Rabatte der Krankenkassen schon heute über die Schmerzgrenze hinaus. Für viele Wirkstoffe wird der gesamte Markt nur noch von wenigen Anbietern bedient und dadurch Wettbewerb ausgeschaltet.

Die MIT fordert konkret:
1. Festlegung einer Festbetragsuntergrenze
Festlegung einer Festbetragsuntergrenze in § 35 SGB V, die sich an den europäischen Durchschnittspreisen orientiert. Im Interesse der Versorgungssicherheit muss eine hinreichende Arzneimittelauswahl sichergestellt sein. Spezielle Versorgungsbedürfnisse sind dabei angemessen zu berücksichtigen.

Begründung:

Obwohl die Produktionskapazitäten der Arzneimittelhersteller bis über 100% ausgelastet sind kommt es regelmäßig zu Versorgungsengpässen. Ursache hierfür ist ein ruinöses Preisgebaren des GKV-Spitzenverband. Insbesondere kleinere, mittelständische Arzneimittelhersteller sind in der Folge häufig nicht mehr in der Lage einen auskömmlichen Preis für Ihre Produkte zu erzielen und müssen daher ihre Produkte vom Markt nehmen. Dieser Preisverfall bei Arzneimitteln in Deutschland führt in der Konsequenz dazu, dass der Großhandel Waren ins Ausland verschiebt, weil er dort die wesentlich besseren Erträge erzielen kann. Da dies in der Regel stillschweigend geschieht, wird es in der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen. Dies kann nicht im Interesse des Standorts Deutschland sein, daher ist politischer Handlungsbedarf gegeben.

2. Überprüfung und Weiterentwicklung des Rabattvertragssystems

Begründung:

Das Rabattvertragssystem ist nach über 10 Jahren kritisch zu hinterfragen; entsprechende Fehlsteuerungen bzw. Fehlanreize sind im Interesse der Therapievielfalt und Versorgungssicherheit in Deutschland zu beseitigen. Lieferengpässe können nicht mehr durch eine Vielfalt von Anbietern aufgefangen werden. So gibt es bei-spielsweise bei dem Notfallmedikament „Glyceroltrinitrat“ (= Nitrospray) nur noch zwei Anbieter!

Nur ein funktionierender Wettbewerb mit ausreichenden Kapazitäten und einer zuverlässigen Lieferfähigkeit garantiert eine bedarfsgerechte Versorgung der Patienten, auf den diese einen gesetzlichen Anspruch haben. Hierzu müssen die Rahmenbedingungen für Krankenkassenausschreibungen kritisch hinterfragt und angepasst werden. Künftig darf daher bei Krankenkassenausschreibungen nicht nur der niedrigste Preis zählen.

Ebenso dürfen Rabattverträge künftig nur noch abgeschlossen werden, wenn mindestens vier Anbieter im Markt sind. Rabattvertragszuschläge sind aus Gründen der Versorgungssicherheit und Therapievielfalt an mindestens drei pharmazeutische Unternehmen zu erteilen. Darunter sollte mindestens einer sein, der seine Produktionsstätte in Europa hat (= Qualitätsmerkmal).

Das derzeitige System führt mittelfristig dazu, dass durch die rigide Ausschreibungspolitik der Krankenkassen bei vielen Wirkstoffen Monopolstellungen eintreten, die in ihrer Konsequenz jeglichen Wettbewerb ausschalten.