Für die Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge

Datum des Artikels 06.07.2018

Antrag des MIT-Bundesverbandes an den CDU-Parteitag, 7./8. Dezember 2018

Der CDU-Bundesparteitag möge beschließen:
Die CDU Deutschlands bekennt sich zum Drei-Säulen-Modell der Altersvorsorge und will die betriebliche Altersvorsorge stärken. Hierzu setzt sie folgende Maßnahmen um:

Halber Beitrag in der Auszahlungsphase
Auf Betriebsrenten (u.a. die sog. Direktversicherungen) wird zukünftig nur noch der halbe Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung (Arbeitnehmeranteil) gezahlt.

Freigrenze zum Freibetrag umwandeln
Die bisherige Freigrenze für beitragspflichtige Einnahmen versicherungspflichtig Beschäftigter
(derzeit 152,25 Euro) wird in einen Freibetrag umgewandelt.

Begründung:
Die Altersvorsorge in Deutschland befindet sich in einer Vertrauenskrise. Die Niedrigzins-Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) belastet nicht nur die in Deutschland weit verbreiteten sicherheitsorientierten Anlageformen, sondern insbesondere auch die zweite und dritte Säule unseres Altersvorsorgesystems. Der Paradigmenwechsel hin zu einer  Lebensstandardsicherung über alle drei Säulen bleibt vor dem Hintergrund des demografischen Wandels weiterhin richtig und geboten. Nur gemeinsam erfüllen die drei Säulen ihre Sicherungsfunktion.

Die zweite Säule (Betriebliche Altersvorsorge) leidet dabei aufgrund teilweise mehrfacher Beitragsbelastungen zunehmend unter einem Akzeptanzproblem. Daher wollen wir zum einen Betriebsrenten nur noch mit dem halben Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung (Arbeitnehmeranteil) belasten und zum anderen die bisherige Freigrenze für beitragspflichtige Einnahmen versicherungspflichtig Beschäftigter (derzeit  152,25 Euro) in einen Freibetrag umwandeln.

Auf diese Weise wird die Attraktivität der betrieblichen Altersvorsorge erhöht. Zugleich wird Vertrauen, welches durch die sogenannte Doppelverbeitragung seit dem „GKV-Modernisierungsgesetz“ von 2004 verloren gegangen ist, zurückgewonnen.

Politik für alle Unternehmen gestalten

Die politischen Entscheidungen der vergangenen Legislatur kennzeichneten sich durch eine Privilegierung tarifgebundener Unternehmen. Ziel und Auftrag einer Volkspartei aber muss sein, Politik für alle Menschen in Deutschland zu machen. Es ist fatal, wenn der größte Teil der deutschen Wirtschaft nicht von gesetzlichen Regelungen oder begründbaren Ausnahmen davon profitiert. Gleichwohl ist es nicht Aufgabe der Politik, sondern die der Tarifpartner, die Tarifbindung zu stärken.
Wir fordern:

  • Tarifliche Öffnungsklauseln im Arbeits- und Sozialrecht sollten als Ausnahme, nicht aber als Regelfall für die Gesetzgebung verstanden werden
  • Der Gesetzgeber wird aufgefordert, weniger zu regulieren sowie Mindest- und nicht Höchstbedingungen festzulegen.
  • Das Streikrecht muss insbesondere für Streiks im Bereich der Daseinsvorsorge und der kritischen Infrastruktur (z.B. im Luft- und Bahnverkehr, bei der Energie- und Wasserversorgung sowie im Erziehungswesen) reformiert werden durch besondere Verfahrensanforderungen wie bspw. einer angemessenen Vorankündigungspflicht und einem obligatorischen Schlichtungsverfahren.

Arbeitszeit flexibilisieren

Unsere Arbeitswelt befindet sich im stetigen Wandel. Daher muss das Arbeitsrecht und insbesondere das Arbeitszeitrecht an den modernen Gegebenheiten im Rahmen der EU-Arbeitszeitrichtlinie angepasst und flexibler ausgestaltet werden. Dies muss für alle Unternehmen gelten, insbesondere für Mittelstand und Startups und soll im Dialog mit den Tarifparteien erarbeitet werden.

Wir fordern:

  • Die gesetzliche Höchstarbeitszeit soll sich entsprechend der EU-Arbeitszeitrichtlinie auf die Woche und nicht auf den Tag beziehen.
  • Der Ausgleichszeitraum für Mehr- und Überstunden soll von derzeit 4 Monaten auf 12 Monate erweitert worden, auch durch die Schaffung von Jahresarbeitszeitkonten.
  • Die Einführung eines Rechtsanspruchs auf befristete Teilzeit sowie ein jederzeitiges Rückkehrrecht in Vollzeit lehnen wir ab, weil die derzeitige gesetzliche Regelung ausreicht und andererseits Personalplanung insbesondere von mittelständischen Unternehmen erheblich erschwert wird.

Keine weitere Regulierung der Zeitarbeit

Die Zeitarbeit wurde in dieser Legislatur umfangreich mit neuen gesetzlichen Maßnahmen reguliert. Obwohl die Auswirkungen erst in der Zukunft eingeschätzt werden können, gibt es bereits jetzt Überlegungen die Zeitarbeit noch stärker zu regulieren. Die Zeitarbeit ist gerade in Zeiten von flexibleren Arbeitsmärkten ein wichtiges Element und darf nicht durch Überregulierung beschränkt werden.

Wir fordern:

  • Die Evaluation der getroffenen Maßnahmen, die im Gesetz vereinbart wurden, muss ergebnisoffen und neutral erfolgen.
  • Ineffektive und kontraproduktive gesetzliche Regelungen, die gegebenenfalls nach der Evaluation festgestellt wurden, müssen umgehend beseitigt werden.
  • In der Zeitarbeit soll es mehr Rechtssicherheit geben durch eine bessere gesetzliche Definition des Equal Pay-Begriffs als das laufend regelmäßig gezahlte Brutto-Stundenentgelt (inklusive regelmäßig gezahlter Zuschläge und Zulagen eines vergleichbaren Stammarbeitnehmers).
  • Für bestimmten Schutzvorschriften für Arbeitnehmer (bspw. bei der Höchstüberlassung bei Arbeitnehmerüberlassung, Höchstarbeitszeiten, Ruhe¬pausen) soll es ab einer bestimmten Gehaltsgrenze Ausnahmen geben.

Leistungsträger entlasten

Die kleinen und mittelständischen Unternehmen sind der wichtigste Arbeits- und Innovationsmotor in unserem Land. 99,6 Prozent aller deutschen Unternehmen zählen zum Mittestand, sie stellen 60 Prozent aller Arbeitsplätze und erwirtschaften 35,3 Prozent des Gesamtumsatzes in Deutschland. Sie sind die Leistungsträger in unserem Land, die gerade in Zeiten einer guten Haushaltslage beim Bund und in den Sozialkassen entlastet werden müssen. Die Erwartungen von Politik und Öffentlichkeit gegenüber Unternehmen, was diese neben dem Tagesgeschäft noch zu leisten haben, steigen kontinuierlich. Dazu zählen soziale Verpflichtungen, finanzielle Lasten und auch bürokratische Hürden. Hier braucht es dringend mehr Entlastung.

Wir fordern:

  • Die Lohnzusatzkosten müssen für die Unternehmen noch finanzierbar bleiben und dürfen zukünftig nicht über 40 Prozent steigen.
  • Der Arbeitslosenversicherungsbeitrag soll kurzfristig um 0,5 Prozent gesenkt und mittelfristig um einen Automatismus bei der Beitragsanpassung nach Vorbild der Rentenversicherung ergänzt werden.
  • Digitalisierung soll erleichtert werden, indem auch verschlüsselte und zertifizierte E-Mails das Schriftformkriterium bei vielen Rechtsgeschäften und Informationspflichten erfüllen.
  • Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten der Unternehmen beim Mindestlohn sollen reduziert werden, indem Praktikanten in den ersten sechs Monaten generell vom Mindestlohn befreit und Minijobs bei vereinbarter Vergütung und Stundenzahl von Aufzeichnungspflichten ausgenommen werden.
  • Mindestlohnfreie Ehrenamtstätigkeiten müssen gesetzlich klarer definiert werden.
  • Die Arbeitgeberhaftung beim Mindestlohn muss abgeschafft werden.

Alterssicherung zukunftsfest gestalten

Unser umlagenfinanziertes Rentensystem hat sich über die Jahrzehnte in der Bundesrepublik bewährt. In Zeiten des demografischen Wandels und der aktuellen Niedrigzinsphase müssen neue Wege bei der Alterssicherung eingeschlagen werden. Die finanzielle Lücke, die durch eine immer älter werdende Gesellschaft von Rentenbeziehern und einer geringeren Zahl von Beitragszahlern entsteht, kann nicht durch höhere Rentenbeiträge geschlossen werden. Dies ist weder gerecht noch für die heutigen und zukünftigen Arbeitgeber und -nehmer finanzierbar. Betriebliche und private Vorsorgeformen gewinnen an Bedeutung und müssen gestärkt werden.

Wir fordern:

  • Bei der Altersvorsorge von Selbstständigen muss Wahlfreiheit gelten.
  • Die Vollverbeitragung in der betrieblichen Altersvorsorge muss beendet werden.
  • Die Zielrente in Verbindung mit einer reinen Beitragszusage muss als rentablere Vorsorgeform etabliert werden, um eine tatsächliche Enthaftung für Unternehmen zu schaffen.
  • Wir wollen Wohneigentum als Bestandteil der Altersversorgung befördern.
  • Ab 2030 soll das Renteneintrittsalter automatisch an die Lebenserwartung angepasst werden.
  • Eine verständlichere und transparentere Form der Renteninformation soll alle unterschiedlichen Vorsorgeformen abbilden.
  • Eine Beschäftigung auch nach dem Renteneintrittsalter muss sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer weiter attraktiver und flexibler gestaltet werden. Dies sollte auch für Beamte nach Erreichen des Pensionseintrittsalters gelten.#
  • Die Beibehaltung der rentenrechtlichen Anerkennung der Kindererziehungszeiten von Müttern in seiner bestehenden Rechtslage.