Deutschland als Vorreiter des digitalen Staates - Antrag an den CDU-Bundesparteitag 2016

Datum des Artikels 07.11.2016

Der CDU-Parteitag möge beschließen:

Deutschland als Vorreiter des digitalen Staates

Der digitale Wandel verändert Deutschland und damit die Art, wie wir leben und arbeiten nachhaltig. Die Aufgabe der Politik ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen und eine innovative Verwaltung zu gestalten, die den sich wandelnden Bedürfnissen in Zeiten der Digitalisierung gerecht wird. Hierzu gehört, dass die Behörden in Bund, Ländern und Kommunen mit gutem Beispiel vorangehen, den digitalen Wandel als Chance begreifen und die Potentiale des eGovernment zur Verfahrenserleichterung und Bürokratieabbau erkennen und ausschöpfen. Die CDU Deutschlands setzt sich für die nachstehende Maßnahmen ein. Wir streben die Umsetzung erster Maßnahmen noch in dieser Wahlperiode an und machen die nachstehenden Forderungen zum Bestandteil unseres Wahlprogramms 2017.

Maßnahmen zum Ausbau des digitalen Staates

o Staatsminister „Digitales Deutschland“ mit Kabinettsrang

Es soll ein Ressort „Digitales Deutschland“ im Bundeskanzleramt geschaffen werden, um den digitalen Staat zeitnah und flächendeckend umzusetzen. Dem Ressort soll ein Staatsminister mit Kabinettsrang vorstehen. Es bündelt als „digitale Koordinierungseinheit“ alle digitalen Zuständigkeiten und ist gegenüber staatlichen Behörden und anderen Ressorts in den Bereichen der Standardsetzung, Schnittstellendefinition und Implementierung weisungsbefugt. Die Aufgabe ist es, die Umsetzung der eGovernment-Strategie, auch in seiner europäischen Dimension, zu planen, zu kooerdinieren und zu kontrollieren. Hierbei muss vor allem die Kooperation von Bund, Ländern, Städten, Gemeinden und der Wirtschaft auf der einen Seite sowie den europäischen Anforderungen und einer EU-grenzüberschreitenden eGovernment-Strategie auf der anderen Seite im Vordergrund stehen. Die bestehenden Gremien sollen in das Ressort überführt werden. Außerdem bekommt der Staatsminister ein eigenes Budget (zweckgebundene Haushaltsmittel) zur Verfügung gestellt. Der Ausschuss „Digitale Agenda“ soll zudem die Federführung für vorab festgelegte Themenaspekte der Digitalisierung erhalten und in enger Abstimmung mit dem Bundesbeauftragten den digitalen Wandel in Deutschland vorantreiben.

o eGovernment-Standards für alle

Der Staat definiert in einem Expertengremium, bestehend aus Vertretern von Bund, Land und Kommune sowie Fachvertretern aus Wirtschaft und Wissenschaft verpflichtende Minimalstandards für eGovernment-Anwendungen. Wenn Länder oder Kommunen darüber hinausgehende Anwendungen nutzen möchten, steht es ihnen frei, sofern sie die verbindlichen Standards erfüllen.

o Zentrale Datenspeicherung und kompatible E-Akte überall

Das langfristige Ziel des digitalen Staates ist die einheitliche (kompatible) digitale Erfassung aller Bürger und Unternehmensdaten sowie eines digitalen Katasters. Ein wichtiger Schritt dorthin ist die ausnahmslose Einführung einer elektronischen Akte für alle Behörden, die über standardisierte Datenformate mit allen Systemen verwendbar ist. Deshalb muss die E-Akte verpflichtend als führende Akte eingeführt werden, die Regelungen zum Schriftformerfordernis sind diesbezüglich ggf. zu modifizieren und bestehende Regelungen konsequent anzuwenden. Es ist das erklärte Ziel, dass in allen staatlichen Behörden eine rein elektronische Aktenführung zur Tagesordnung wird. Hierbei ist es wichtig, dass medienbruchfreie Verwaltungsprozesse umgesetzt werden. Nur so können automatisierte Verwaltungsprozesse vollständig realisiert werden. Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Aufwertung des Personalausweises zur vollwertigen elektronischen ID-Karte, mit der die eindeutige elektronische Identifizierung der Bürger und ihrer Daten sichergestellt wird.

o Datenschutz sicher und praktikabel – für Bürger und Unternehmen

Bürger und Unternehmen sollen gegenüber dem Staat das Recht an ihren Daten behalten und auf Anfrage nachvollziehen können, welche Daten dem Staat über sie vorliegen und wer auf diese Daten Zugriff hat. Zudem soll der Staat jede Information bei den Bürgern und Unternehmen möglichst nur einmal mit Hilfe einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung über ein zentrales Portal abfragen. Auf der anderen Seite soll der Verwaltung die Option der zentralen „Bürger-Akte“ gegeben werden.

o Die virtuelle Kommune

Für Kommunen sollen einheitliche Vorgaben für Protokolle, Datenstandards und Schnittstellen gelten, die zentral definiert werden. Auf einem bundesweiten virtuellen Marktplatz sollen Softwarelösungen gebündelt für die Kommunen abrufbar sein. Der virtuelle Marktplatz ermöglicht nach dem Vorbild der X-Road-Technologie eine Vernetzung unterschiedlicher Lösungen. Die Plattform soll zudem durch best-practice-Beispiele Anregungen für bereits erfolgreich bestehende Lösungen bieten.

o Für eine zukunftsorientierte Datenpolitik: Open Data

Die von Verwaltungen in den verschiedensten Aufgabenfeldern erhobenen Daten können einen über den ursprünglichen Zweck hinausreichenden Mehrwert erbringen, wenn sie als offene Daten (open data) zur Verfügung gestellt werden. Sind diese Daten nicht personenbezogen oder unterliegen anderen schutzwürdigen Belangen (Urheberrecht, Sicherheit, etc.), sollten sie als offene Verwaltungsdaten für die Bürger sowie der Wirtschaft für die Weiterverwendung in den verschiedensten Nutzungszusammenhängen verfügbar sein. So können digitale Innovationen gefördert, Synergien innerhalb der Verwaltungen ermöglicht sowie bessere Entscheidungsgrundlagen für Politik und Gesellschaft geschaffen werden. Deshalb sollte ein Open-Data-Gesetz die systematische Offenstellung von solchen Verwaltungsdaten regeln, die Verantwortungen in Bund, Ländern und Kommunen klar benannt und mit einem deutlichen politischen Mandat für eine ebenenübergreifende Zusammenarbeit ausgestattet werden.

o Öffentliche Aufträge für Start-ups zur Stärkung der Innovationskraft

Zahlreiche junge, innovative IT-Start-ups scheitern bereits bei der Eignungsprüfung öffentlicher Ausschreibungen. So werden z. B. mehrere Jahre Erfahrung mit der ausgeschriebenen Leistung vorausgesetzt. Aus diesem Grund sollen öffentliche Ausschreibungen bereits bei der Marktanalyse verstärkt Start-ups berücksichtigen und die Kriterien der Eignungsprüfung bei geeigneten Ausschreibungen entsprechend anpassen, so dass auch Start-ups mit ihrer Innovationskraft den Staat voranbringen können.

o Start-up im Staat

In Anlehnung an den US Digital Service soll dem Staatsminister mit dem Ressort „Digitales Deutschland“ ein so genanntes Start-up im Staat unterstellt werden. Hier sollen innovative Experten und Vertreter von Start-ups in Kooperation mit Verwaltungsexperten die drängendsten und wichtigsten eGovernment-Anwendungen auf den Prüfstand stellen und optimieren. Darüber hinaus ist es Aufgabe des Expertenteams, kreative Ideen in den eGovernment-Prozess einzubringen, auszutesten und zur erfolgreichen Anwendung zu bringen.

Nutzen für Bürger und Wirtschaft nachhaltig steigern

o Anreize für Nutzer schaffen

eGovernment-Dienste werden nur genutzt, wenn sie Vorteile gegenüber dem klassischen „Gang zum Amt“ bieten. Die digitalen Verwaltungen sollen künftig durchgehend („24/7“) erreichbar sein. Der Anspruch muss es sein, elektronische Anträge doppelt so schnell zu bearbeiten wie analoge. Darüber hinaus könnten z. B. Gebühren niedriger ausfallen. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass Anreizmechanismen wie diese die Anzahl der Nutzer von elektronischen Dienstleistungen spürbar vergrößert.

o Bürgerportal einrichten

Es soll ein bundeseinheitliches Verwaltungsportal als erster Anlaufpunkt für alle Verwaltungsebenen eingerichtet werden; analog zur Behördenrufnummer 115 (www.d115.de). Dieses Portal bündelt den Zugang zu Dienstleistungen und Formularen aller Verwaltungsebenen und zu Sozialversicherungen. Zur Identifizierung und Authentifizierung soll die elektronische ID-Karte dienen.

o eID-Karte stärken

Im Vergleich zu bisherigen Anwendungen sollen mit der elektronischen ID-Karte Basisfunktionen ohne komplizierte PIN-Eingaben nutzbar sein. Die elektronische ID soll verpflichtend für alle werden und durch Verwendung von Smart-Phones ohne zusätzliche Hardware (z. B. Lesegerät) zu benutzen sein. Die elektronische Signatur soll rechtlich der manuellen gleichgestellt werden.

o Barrierefreier Zugang

Neben der softwarebasierten Lösung zum Bürgerportal sollen physische Anlaufstellen einen flächendeckenden barrierefreien Zugang zum digitalen Staat ermöglichen. Dazu werden flächendeckend „eGov-Boxen“ aufgestellt. Diese Schalter sollen rund um die Uhr zugänglich sind (z. B. im Vorraum von Banken/in Einkaufszentren). Die eGov-Boxen sollen nutzerfreundlich und barrierefrei sein, um eine digitale Abschottung zu verhindern und einen sicheren Zugang zu gewähren.

o Der direkte Draht

Es soll eine Liste mit Dienstleistungen erstellt werden, die die höchsten Nutzerzahlen haben. Bei der Digitalisierung der Verwaltung sollte mit jenen Dienstleistungen begonnen werden, die das größte Nutzervolumen generieren. Dazu sollen Bürger auch ihre Hinweise und Anregungen einreichen können, denn die Erfahrung zeigt, dass insbesondere die Umsetzung lebensnaher und häufig genutzter Anwendungen zu einer Steigerung der Nutzer führt.

o Feedback-Kultur

Der Change-Prozess hin zu einem digitalen Staat und der Prämisse „Online first“ sollte durch eine offene Feedbackkultur durch die Bürger begleitet werden. Das Bürgerfeedback stellt hierbei ein wesentliches Instrument zur Qualitätssicherung der Angebote dar. Hierzu soll der Normenkontrollrat den Change-Prozess begleiten und das Feedback der Bürger strukturiert erfassen und in den Prozess einbringen.

Begründung:

Aktuell belegt Deutschland laut einer Studie der EU-Kommission bei digitalen öffentlichen Dienstleistungen Platz 18. Das Ziel des Netzwerkes Digitalisierung der CDU Deutschlands ist es, Deutschland bei eGovernment zum Vorreiter zu machen und damit die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standorts nachhaltig zu stärken. Im Netzwerk Digitalisierung unter der Leitung von Nadine Schön MdB wirken neben den Unionsvertretern im Ausschuss Digitale Agenda, weiteren MdBs sowie politischen Mandatsträgern auch Vereinigungen der Union und Vertreter des cNetzes mit. Wir wollen erreichen, dass Deutschland bis 2021 zum besten öffentlichen Dienstleister im europäischen Vergleich aufsteigt. Konkret heißt das: Wir wollen, dass alle Dienstleistungen von Staat und Verwaltung digital abrufbar sind und zwar „online first“.