Europa - durch die Krise mit klarem finanzpolitischen Kompass und ohne Schuldenunion [MIT-Präsidium]

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Der Beschluss wurde als

Der Beschluss wurde als Antrag der Mittelstands- und Wirtschaftsunion an den 35. Parteitag der CDU eingereicht.

Datum des Artikels 11.08.2022
Beschluss

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt ist eine zentrale Voraussetzung für solide Finanzen in der Wirtschafts- und Währungsunion. Trotz grundlegender Reformen nach der Finanz- und Staatsschuldenkrise 2011 hat er seine Erwartungen nicht erfüllen können. In vielen Euro-Ländern ist in den Folgejahren die Staatsverschuldung trotz eines jahrelangen positiven wirtschaftlichen Umfelds gestiegen. Obwohl es hunderte Verstöße gegen die Schwellenwerte der Verschuldung gab, hat sich die EU-Kommission nie zu Sanktionen durchringen können. Die Kommission agiert mehr politisch denn als Hüterin der Verträge.

Die wirtschaftlichen Verwerfungen der Covid-Pandemie erforderten im Frühjahr 2020 eine Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitätspakts und damit die Aussetzung der Schuldenkriterien, was den Mitgliedsstaaten seitdem mehr fiskalische Möglichkeiten einräumt. Zudem gibt das schuldenbasierte Corona-Wiederaufbauprogramm „Next Generation EU“ den Ländern finanzielle Handlungsmöglichkeiten in bislang einmaliger Größenordnung (750 Milliarden Euro).

Die durch Russlands Angriff auf die Ukraine verursachte Energiekrise und Unterbrechung von Lieferketten verschärft den Handlungsdruck auf die Euroländer weiter. Hinzu kommen die Inflationsentwicklung und die viel zu spät von der EZB eingeleiteten Zinserhöhungen. Durch die jahrelange ultralockere EZB-Geldpolitik und Anleihekäufe, die einer indirekten Staatsfinanzierung gleichkommen, hat sich gezeigt, dass billiges Geld und Anleiheaufkäufe keine Konjunkturbelebung erreichen und den Eurokurs schwächen. Will man Vertrauen von Investoren erlangen, braucht es zunächst Reformen in den Nationalstaaten, auf die die EU-Kommission viel stärker pochen muss.

Die CDU Deutschland fordert für den Zusammenhalt Europas und der Eurozone

  •  eine Reform und Verschlankung des Stabilitäts- und Wachstumspakts auf wenige Grundregeln und einen an die BIP-Entwicklung angelehnte Begrenzungsmechanismus für Ausgaben und Staatsverschuldung;
  •  eine Verschlankung des Europäischen Semesterprozesses, der sich auf weniger, aber verbindlichere Vorgaben konzentriert und insbesondere auf den Abbau struktureller makroökonomischer Ungleichgewichte abzielt;
  •  eine effektive Haushaltsüberwachung der Mitgliedstaaten anstelle der EU-Kommission durch eine unabhängige Instanz. Das bestehende „European Fiscal Board“ sollte dazu aufgewertet werden und ein Vorschlagsrecht für Sanktionsmaßnahmen bei Verstößen gegen Schuldenregeln erhalten.
  •  von der EU-Kommission ein „Nachkrisen-Aktionsprogramm“ mit Ziel der uneingeschränkten Wiedereinführung der Schulden- und Stabilitätskriterien unter Beibehaltung der Verschuldungsgrenzen;
  •  dass die Vergabe der Gelder aus dem Corona-Wiederaufbauprogramm transparenter erfolgt, nachweislich mit Reformen in den Mitgliedstaaten verbunden sein muss und die entsprechende Verschuldung auf das Schuldenniveau der Mitgliedstaaten angerechnet und sichtbar wird, wofür die EU-Kommission verbindlicher Sorge zu tragen hat;
  •  dass der Corona-Wiederaufbaufonds keine Blaupause für zukünftige „Fazilitäten“ auf der Basis von EU-Anleihen mit anteiliger Haftung der EU-Mitgliedsstaaten darstellt;
  •  dass die EU den Wiederaufbau der Ukraine an Reformen knüpft und gemeinschaftlich mit dem Verbund der G20-Staaten und der Weltbank angeht, wobei auch Energie- und Rohstoffpartnerschaften mit dem Land und privates Kapital eine wichtige Rolle spielen müssen;
  •  eine Rückkehr der EZB zu ihrem geldpolitischen Auftrag. Das neue EZB-Aufkaufprogramm „TPI“, mit dem sie die Differenzen (Spreads) hoch verschuldeter EU-Länder gegenüber Bundesanleihen durch den Kauf von Anleihen der Krisenländer begrenzt, ist eine indirekte Staatsfinanzierung. Das steht gegen die Europäischen Verträge, wirkt reformbehindernd und gibt Raum für Spekulationsgeschäfte. Wir lehnen das neues EZB-Kaufprogramm ab und fordern den Einsatz der an klare Vorbedingungen geknüpften Instrumente wie den bewährten Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und den Einsatz eines klar konditionierten OMT-Programms.